Splitterbrötchen (MXI)

Endlich habe ich den passenden Titel für meine Autobiographie gefunden: „Von Geburt an kompetent!“

Am Freitagabend konnten wir wieder Zeuge einer der größten schauspielerischen Leistungen des Weltfilms werden. Dass es Alec Guinness in „Der kleine Lord“ gelungen ist, seine Rolle in stoischer Gelassenheit durchzuziehen, ohne ein einziges Mal wegen der überpenetranten Niedlichkeit von Ricky Schroder in seinen Zylinder kotzen zu müssen, ist bewunderungswürdig.

Das haben CDU, die Grünen, die SPD und die öffentlich-rechtlichen Sender mal wieder perfekt hinbekommen. Das sinnfreie Hickhack1. um die TV-Duelle führt uns allen recht anschaulich vor Augen, dass den Herrschaften das eigene Standing in der Öffentlichkeit wichtiger ist als die Diskussion der Probleme, die die Bürger betreffen. Es ist abzusehen, wer davon (wieder) am meisten profitieren wird.

Wonnen des Alterns: Kleingedruckte Gebrauchsanweisungen fotografieren, damit man sie vergrößern kann.

Nachdem mir meine Krankenkasse – natürlich per Brief – PIN und PUK für die elektronische Patientenakte zugeschickt hat, habe ich die zugehörige App heruntergeladen und installiert. Das ging einigermaßen reibungslos, aber wer nicht einige Erfahrung mit Digitalgedöns hat und nicht bereit ist, ein bisschen zu raten2, wird deutlich mehr Mühe haben als ich.

Diese Woche habe ich kulinarisches Neuland betreten. Die beste, geduldigste Gemahlin von allen hatte mir vom Spandauer Weihnachtsmarkt Churchkela mitgebracht, eine georgische Spezialität aus Nüssen, die mit stark eingekochtem Traubensaft überzogen werden. Das schmeckte überraschend delikat, vor allem, weil es nicht so süß war wie befürchtet. Im Gegenteil, es war so wenig süß, dass man das Zeug auch prima knabbern kann, wenn man einen trockenen Wein trinkt. Allerdings ist hinterher Zahnhygiene angesagt: Dieses Traubenzeugs zeigt große Anhänglichkeit an die Zähne.

Wohin die Helikopterei letztlich führt: zur Endstation Knalldepp, wo das Durchlesen eines Buchs als „Herausforderung“ gilt.

Was habe ich Gianni Infantino nur getan? Warum hat er es zum obersten Ziel der FIFA erklärt, mir die Freude an Weltmeisterschaftsturnieren zu versauen?

Die Weisheit der Woche flog Micky Beisenherz zu: „Pietismus ist ein verdammt scharfkantiger Bumerang.“

Wenn Sie glauben, derartigen Tests hätten etwas mit dem Intelligenzquotienten zu tun, ist Ihrer unter 80.

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war ein „trip down memory lane“, eins der ersten Gerichte, die ich damals in meinem Schwabinger Küchenwandschrank auf dem Zwei-Flammer zusammengeklöppelt habe, Spaghetti nach Admirals-Art, also Aljooljopeperontschino mit Dosensardinen statt Anchovis. Immer noch mordslecker.

Wichtigster Merksatz der darstellenden Kunst: Die drei großen „K“ des Theaters sind Kulisse, Kostüm und Maske und Farbe.

Zwitschernahles ist ein perfektes Psychogramm von Friedrich Merz in acht Worten gelungen:

Man lacht zunächst, dann dämmert einem, dass der Merz wahrscheinlich wirklich so ist. Übrigens, wenn Sie von den drei Ampel-Parteien die Schnauze so gestrichen voll haben, dass Sie überlegen, diesmal CDU zu wählen: Das Kreuzchen bei der Union bedeutet dann mit Sicherheit auch die Rückkehr von Jens Spahn. Will man das wirklich?

Mit Genugtuung habe ich wahrgenommen, dass die wichtigen Feuilletonredaktionen dieses Landes die Splitterbrötchen lesen und meinen Unmut darüber registriert haben, dass sie Siebecks Memoirenband „Ohne Reue und Rezept“ bisher ignorierten. Diese Woche haben SZ, DLF und ZEIT ihren peinlichen Fehler korrigiert.

Neil Dudgeon altert rapide und nähert sich der Pensionsgrenze. Werden wir bald vor dem Fernseher einschlafen, während ein dritter Inspector Barnaby ermittelt?

Tom Hillenbrand hat sich erneut als verlässlicher Lieferant3 spannender Unterhaltung bestätigt: „Lieferdienst“ ist spannende SF-Action, die vor dem Hintergrund konkurrierender Hightech-Lieferdienste (Nur wer zuerst beim Kunden ist, macht das Geschäft, ein Sonderlob für die konsequente, clevere World Creation) spielt. Die 180 Seiten hab ich am Stück gefressen.

Die 70er Jahre waren eine wirklich aufregende Zeit. Man lief ja ständig Gefahr, Steely Dan und Steeleye Span zu verwechseln. Was eine gesellschaftliche Katastrophe gewesen wäre.

Jeder Mensch braucht Songs, die nicht altern, aber mit denen man alt wird.

Es ist doch nicht zu fassen: geschlagene drei Wochen Winterpause? Nur, damit die satten Millionarios in der Karibik einen draufmachen können! Niemand denkt an uns Fans!

Der Akkord

Mein Leben teilt sich in die Zeit vor dem Akkord und nach dem Akkord. Die Rede ist von dem einleitenden Gitarrenakkord von „A hard day’s night“, gespielt von George Harrison auf einer 12seitigen Rickenbacker4 Es war der erste Beatles-Song den ich hörte, und er hat mein Leben verändert.

Ich war damals acht Jahre alt und hasste es, zum Friseur zu gehen. Denn der Friseur, zu dem man mich alle vier bis sechs Wochen schickte, im „Salon S.“ in der Friedrich-Wilhelm-Straße, ließ mir immer die abgeschnittenen Haare in den Nacken rieseln, wo sie ein fieses Juckwerk anrichteten. Ich versuchte mich, wann immer es ging, vor dem Friseurbesuch zu drücken, vergeblich. Mein Vater hielt auf Ordnung, der Junge musste mit anständigem Haarschnitt zur Schule gehen.

Dann las ich in unserer Lokalzeitung, der Werra-Rundschau, einen Artikel über „Pilzköpfe“. Damit waren Mitglieder einer englischen Musikgruppe namens „The Beatles“ gemeint, die im Verweigern von Friseurbesuchen offensichtlich wesentlich erfolgreicher waren als ich. Diese Musiker begannen, mich zu interessieren. Leider konnte ich mir die Musik, die diese Gruppe machte („Beat-Musik“, lt. Werra-Rundschau) nicht anhören. Über die Radioapparate unseres Haushalts waren nur der Hessische Rundfunk und die infamen Ost-Sender zu empfangen, der riesige Funkschatten, den der Hohe Meißner warf, verhinderte den Empfang von Sendern wie Radio Luxemburg, die dieser neuen Musik aufgeschlossener gegenüberstanden als der HR, der von morgens bis abends nur schwer erträgliche Schlagermusik absonderte.

Dann entdeckte ich im Schaufenster von „Musikhaus Schneider“5 diese Platte.

Die waren tatsächlich viel länger nicht beim Friseur gewesen als ich. Die Platte musste ich haben, klar. Aber damals kostete eine Langspielplatte bei Frau Schneider (und überall) satte 22 DM. Diese Summe schien zunächst unerreichbar für einen achtjährigen Jungen, der kein Taschengeld bekam6. Doch dann dachte ich ein wenig nach. Ich war – als Sohn in einem gut situierten bürgerlichen Haushalt – doch nicht ganz mittellos. Ich bekam immer wieder ein bisschen was zugesteckt, Geld für ein Eis oder eine Tüte Waffelbruch… Wenn ich anfing, das zu sparen, anstatt es sofort wieder auszugeben? Wenn ich 2 Mark im Monat zurücklegte, hätte ich nach elf Monaten die Platte. Eine lange Zeit, aber das Projekt bekam den Anschein von Machbarkeit. Wenn ich vielleicht noch etwas dazu verdienen könnte?

Am nächsten Morgen trat ich mit meiner konsternierten Mutter in durchaus komplexe Verhandlungen, die Tarife für meine freiwillige Mitwirkung in Haushaltsangelegenheiten über das übliche Maß hinaus festlegten7. Meine Mutter erwies sich als Unternehmerstochter als die erwartet harte Verhandlungspartnerin, ich zog als unerfahrener Verhandler erwartbar den kürzeren, aber – um das ganze abzukürzen – wenn ich mich richtig reinhängte, könnte ich „A Hard Day’s night“ in sechs Monaten kaufen.

Ich schaffte es in fünf. Frau Schneider staunte nicht schlecht, als ich eine imposante Menge Kleingeld auf ihrem Tresen deponierte, und, nachdem sie mein Erspartes zweimal nachgezählt hatte, händigte sie mir das erste Beatles-Album meines Lebens aus. Ich trug meinen Schatz nach Hause, schaltete die „Musik-Truhe“8 im Wohnzimmer ein, legte die Platte auf und senkte den Tonabnehmer ab. Dann kam der Akkord.

Er traf mich vollkommen unvorbereitet und stellte meine Welt in einer Hundertstelsekunde auf den Kopf. Bis ich diesen Akkord gehört hatte, war ich ein kleiner Junge gewesen, der darauf gedrillt wurde, still zu sein, jederzeit zu gehorchen und sich unterzuordnen. Georges Rickenbacker lehrte mich im Bruchteil einer Sekunde, dass es vollkommen okay war, laut zu sein. Unangepasst. Jung. Frech. Dass es mein Leben war, und dass das nicht unbedingt das sein musste, was mein Vater für mich vorgesehen hatte. Und dass ich in der grandiosesten aller Zeiten lebte, in der eine fantastische Musik wie diese gespielt wurde. Mir war klar, dass es nicht einfach werden würde. Mein Vater war ein ziemlich harter Knochen, mit dem ich in Zukunft einige ziemlich harte Kämpfe auszufechten hatte. Aber ich war siegesgewiss: Ich hatte ja die Beatles an meiner Seite9.

Eine Woche später nahm ich im „Salon S.“ im Friseurstuhl Platz und sagte: „Einmal Kämmen, bitte!“

Dessert ohne Namen

Dieses Dessert hat keinen Namen, weil ich es dahin improvisiert hab und wirklich nicht weiß, wie ich es nennen soll. Ich hatte ein Glas Lemon Curd eines französischen Herstellers gekauft, das für meinen Geschmack und den angestrebten Verwendungszweck10 deutlich zu süß war. Beim Googlen entdeckte ich die Möglichkeit, dem Lemon Curd durch Verpampen mit Mascarpone die süße Spitze zu nehmen, das brachte mich auf diese zitrische Tiramisu-Variante.

Es braucht:
500g Mascarpone
3 bis 4 Esslöffel Lemon Curd
Orangensaft
Cointreau

Den Mascarpone mit Lemon Curd und Orangensaft cremig rühren. Löffelbiskuits mit Orangensaft und/oder Cointreau beträufeln. In eine Dessertschale eine Schicht Löffelbiskuits platzieren, die Hälfte der Mascarponecreme draufgeben, die Prozedur wiederholen, das Dessert im Kühlschrank durchziehen lassen.

Das ist buchstäblich in Minutenschnelle gemacht, Zitrone und Orange sorgen für eine Ahnung delikater Säure und die penetrante Süße des Lemon Curds war verschwunden. Wurde nach der ersten Kostprobe ins Repertoire aufgenommen.

Bleibt das Namensproblem. „Zitronen-Tiramisu“ klingt irgendwie blöd, „Zitronen-Orangen-Tiramisu“ steigert die Blödheit noch durch Umstandskrämerei. Hat irgendwer einen rettenden Einfall? Sonst bleibt’s namenlos.

Splitterbrötchen (MX)

Man braucht eigentlich nur zwei Dinge im Werkzeugkasten: WD-40 und Lassoband. Wenn etwas sich nicht bewegt, was sich bewegen soll, nimmt man WD-40. Wenn etwas sich bewegt, was sich nicht bewegen soll, nimmt man Lassoband.

Wenn Radiomoderatorinnen behaupten, sie wären „beim Aufwachen gern an meiner Seite“, schrillen bei mir die Alarmglocken. Was soll denn die beste, geduldigste Gemahlin von allen denken, wenn sie das hört?

Ich werde alt. Letztes Jahr lag ich zwei Monate im Campus Benjamin Franklin, dieses Jahr war ich alle drei, vier Wochen zu Nachuntersuchungen etc. dort, und erst diesen Donnerstag ist mir die Möglichkeit aufgefallen, da einen zündenden Wortwitz mit „Sweet Charité“ zu kreieren. Früher wäre das schneller gegangen.

Die Beleidigung der Woche war „Spülmaschinen-Nazi“.

Die letzte Dienstags-Fischsuppe des Jahres11:

Für den Lacher der Woche habe ich Herrn Beisenherz zu danken.

Parodisten, die im ersten Satz einer Nummer immer den Namen der aktuell parodierten Person unterbringen, ist grundsätzlich zu misstrauen.

Was nicht jeder weiß: Wenn der für ein Rezept benötigte Tofu nicht im Haus ist, kann man ihn problemlos durch Fleisch ersetzen.

Richard Osman hat’s im zweiten seiner Donnerstagsmordclub-Krimis auf den Punkt gebracht: „Martin Lomay weiß beim besten Willen nicht, wozu Filme gut sein sollen. Das ist doch alles nur gespielt, dass die Leute das nicht merken! Irgendwer schreibt den Text, irgendwelche Idioten aus Amerika sprechen ihn, und alle sind hin und weg.“

Kultureller Wochen- und Vorweihnachtszeit-Höhepunkt war das alljährliche Anschauen von Clark Griswolds Weihnachts-Bemühungen.

Ich hab den Film an die 40, 50mal gesehen, ich lach mich immer noch scheckig. Wenn die Nachbarn kommen, lach ich sogar schon vor den Pointen. Jetzt muss nur noch Hans Gruber auf dem Pflaster vor dem Nakatomi Plaza aufdopsen, dann bin ich endgültig in Weihnachtsstimmung.

Ich wusste gar nicht, dass unser ehemaliger Innenminister eine Salatsauce erfunden hat. Hat irgendjemand ein Rezept für dieses „Mango-Schily-Dressing“?

Da hat jemand einen Herrschaftsanspruch erhoben, der „der Zweite“ hieß? Da lach ich ja.

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war ein rasch dahin improvisiertes Dessert: Mascarpone mit Lemon Curd und Orangensaft cremig gerührt, mit in Orangensaft getunkten Löffelbiskuits zu einer Art Tiramisu geschichtet. War wirklich gut. Würde die beste, geduldigste Gemahlin von allen nicht Alkohol an Süßspeisen verabscheuen, hätte ich mit ein paar Schlückchen Cointreau für zusätzlichen Wums gesorgt.

Vor dem Dessert gab’s selbstverständlich eine herzhafte Kleinigkeit; Gans, Füllung, Rotkohl, Kloß, Sauce.

Splitterbrötchen (MIX)

Alle fragen, wo denn gestern, bei der Eröffnung von Notre-Dame und den flankierenden diplomatischen Kontaktaufnahmen, der Bundeskanzler war. Das muss man nicht fragen, das weiß man doch: Scholz war mal wieder ganz bei sich selbst.

Frau Herzbruch ist Kommunikationsprofi. In den letzten Tagen hat sie zwei extrem lesenswerte Analysen zur Lügerei der FDP geschrieben, hier und hier können Sie’s lesen.

Die Frage der Woche stellte Gerhard Matzig in der SZ (zitiert nach Perlentaucher): „Wenn das Geld nicht im Militär steckt, nicht im Katastrophenschutz, nicht in der Autobahn, nicht in Brücken, die halten, nicht in Zügen, die fahren, nicht in Fahrradwegen, nicht im Wohnungsbau, nicht im Osnabrücker VW-Werk, nicht in regenerativer Energie und nicht im Geldbeutel der Pflegekraft mit Migrationshintergrund: Wo ist eigentlich das ganze Geld?“

„Ein Vorteil von KIs ist auch, dass sie z. B. nicht an Schizophrenie erkranken können.“
KI von DHL: „Halt mal mein Bier…“

Noch eine Empfehlung: Wenn Sie Spionage-Thriller mögen und „Der Repair-Club“ von Charles den Tex noch nicht gelesen habe, holen Sie das umgehend nach. Das ist Intrige auf dem Niveau des Großmeisters aller Klassen mit haargenau dem Punch, den der Großmeister aller Klassen in seinen letzten Büchern verloren hatte.

Der zündende Wortwitz der Woche:
„Want a piece of German marzipan bread?“
„Stollen?“
„No, I bought it this morning.“

Wer in seiner Küche von einem Politiker angesprochen wird und den nicht sofort achtkantig rauswirft, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Was nicht jeder weiß: Wie wichtig beim Lesen der täglichen Post die artgerechte Briefhaltung ist. Geschäftsbriefe müssen anders gehalten werden als die Privatpost, Drucksachen anders als Behördenschreiben, sonst drohen verheerende Lesefehler!

Der kulinarische Wochenhöhepunkt war ein wunderbarer, butterzart geschmorter Ochsenschwanz, den liebe Freunde für die geduldigste, beste Gemahlin von allen und mich zubereitet hatten.

„Links“ war mal der „Walk on the Wild Side“: schlau, cool, sexy, gerne gefährlich. Heute erlebe ich Menschen, die sich als links bezeichnen, als Zeitgenossen, die ängstlich darauf bedacht sind, bei ihren Kumpels nur ja nicht anzuecken. Als Spießer, die ihre Spießigkeit der ganzen Welt aufdrücken wollen. Ich frage mich ratlos, wann da eigentlich was passiert ist.

In und um Notre-Dame scheint übrigens niemand gefragt zu haben, wo Scholz eigentlich ist. Es scheint ihn niemand vermisst zu haben.

Mutters Essen: Knödel mit Geschichte

Das Leibgericht meines aus Ostpreußen stammenden Vaters wurde in unserer Familie nur „Knödel“ genannt. Es handelte sich um mit gekochtem Rindfleisch angereicherte, flache Kartoffelknödel aus rohen und gekochten Kartoffeln, „halb und halb“, wie man sagt. Merkwürdigerweise steht dieses Gericht in keinem der mir bekannten ostpreußischen Kochbücher, und auch in der Ostpreußen-Ecke des Internet konnte ich es nicht auftreiben. Dort finden sich nur „Königsberger Keilchen“ bzw. „Knödel aus Goldap“, beides mit „Halb und Halb“-Knödeln, jedoch mit gebratenem Schweinefleisch, das separat dazu gereicht wird. Im Raum Salzburg findet sich jedoch ein Gericht namens „Restl-Knödel“, das „unseren“ Knödeln ähnelt, jedoch auf Semmelknödel-Basis zubereitet wird. Im 18. Jahrhundert kam eine größere Zahl Einwanderer aus Salzburg nach Ostpreußen, die haben das Rezept wohl mitgebracht und Kurbjuhns haben’s dann abgewandelt.

Es braucht
1 Packung Kloßteig „halb und halb“ aus dem Kühlregal12
Rindfleisch (Beinscheibe z. B.)
Suppengrün
Zwiebeln
Knoblauch

Aus Rindfleisch und Suppengrün eine kräftige, klare Brühe kochen. Das Rindfleisch abkühlen lassen, kleinschneiden und ca. 300g davon mit dem Kloßteig, dem auch noch weichgedünstete Zwiebeln und etwas Knoblauch hinzugefügt werden, verkneten. Flache Knödel in Handteller-Größe formen und in der gerade nicht mehr kochenden Brühe gar ziehen lassen. In einer Terrine zu Tisch bringen.

Klingt simpel? Ist simpel, wenn man den fertigen Kloßteig nimmt. Durch das Rindfleisch bekommen die simplen Kartoffelknödel zusätzlich Geschmack und eine sympathische  Deftigkeit. Ich aß das durchaus gern, am liebsten hab ich zu Hause zugelangt, wenn am nächsten Tag die übriggebliebenen Knödel halbiert und in der Pfanne braun gebraten wurden. Es blieben jedoch selten welche übrig, denn diese Knödel waren das Lieblingsessen meines Vaters und meines lieben Bruders Matthias. Dazu gibt’s eine Geschichte.

Mein Vater war mit einem formidablen Appetit gesegnet. Ein Rührei aus sechzehn Eiern zu verdrücken, war für ihn kein Problem, im Gegenteil, hinterher schmierte er sich noch ein oder zwei Scheiben Toast mit Marmelade. Zu absoluter Topform lief er auf, wenn’s Knödel gab, sein Leibgericht, da steckte er regelmäßig eine außerirdische Portion weg. „Das ist doch alles nicht mehr wahr …“ habe ich meine Mutter einmal murmeln hören, als sie eine Terrine mit frischen Knödeln und Brühe aus der Küche an den Esstisch brachte.

Immerhin, mein lieber Bruder Matthias konnte bei diesem Gericht, das in seiner kulinarischen Hitliste ebenfalls die Nummer eins war, durchaus mit meinem Vater mithalten. Natürlich stellte sich irgendwann die Frage, ob Matthias tatsächlich mehr Knödel verdrücken konnte als unser Vater, und natürlich gab es nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Es wurde ein Wettessen anberaumt.

Die Druckerei meines Vaters war gegenüber, er kam zu jedem Mittagessen nach Hause. Am Wettkampftag traf er, wie immer, um kurz nach eins ein. Die Kontrahenten saßen über Eck nebeneinander, vor ihnen nur die Suppenterrine mit den Knödeln, die regelmäßig aufgefüllt wurde, und die obligatorische Maggi-Flasche. Bis zum zwölften Knödel verlief alles in den üblichen Bahnen, Matthias und mein Vater aßen mit gutem Appetit und unterhielten sich dabei. Ab Knödel Nr. 13 wurde Matthias merkwürdig schweigsam, beim 14. begann er zu schwitzen, ab dem 15. musste er ernsthaft kämpfen und der 16. Knödel war sein letzter, dann gab er auf.

Mein Vater ließ es nicht beim 17. Knödel bewenden. Er sah die einmalige Chance, sich zum „Undisputed Lifetime-Champion in the Knödel-Wett-Eating“ oder so aufzuschwingen13. Er verzehrte locker-beschwingt sagenhafte 22 Knödel, bevor ihn das Ende seiner Mittagspause zwang, den Löffel widerstrebend aus der Hand zu legen und zur Arbeit zu gehen.

Derartige Ereignisse haben immer ein Nachspiel, und dieses machte keine Ausnahme. Das Nachspiel ereignete sich am Abend desselben Tages, am Abendbrotstisch, an dem mein Vater dem Ganzen die Krone aufsetzte. Matthias hatte sich, appetitlos mit Bauchschmerzen ringend, auf sein Zimmer zurückgezogen. Ähnliches hatten wir nach seiner kapitalen Leistung von meinem Vater erwartet, der jedoch zur allgemeinen Überraschung am Esstisch auftauchte, und mit bestem Appetit in aufgeräumter Stimmung seine üblichen drei, vier Scheiben Brot mit allerlei Aufschnitt aß. Dazu trank er zwei, drei Tässchen starken Ceylon-Tee und verzog sich dann ins Wohnzimmer, wo Bier und Mosel-Riesling warteten. Und ein paar Salzletten. Falls man noch Appetit bekam.

Splitterbrötchen (MVIII)

Man merkt, dass man bloggend alt wird, wenn man anfängt, sich Sorgen zu machen, weil ein Kollege nicht zu seiner üblichen Uhrzeit seinen üblichen Blogpost rausgehauen hat. „Ihm wird doch nichts passiert sein?“

Dass ausgerechnet Ralf Stegner der neue Bachelor wird, hatte wohl niemand auf dem Zettel. Andererseits: der Wahlkreis 007 konnte tatsächlich nur jemandem mit der Lizenz zum Schwerenöten anvertraut werden.

Wirklich traurig, aber die Biologie macht vor niemandem halt: Alice ist gestorben. Ja, die Restaurant-Inhaberin.

Was nicht jeder weiß: Die „Zurück in die Zukunft“-Trilogie wurde komplett in der Vergangenheit gedreht.

Prof. Dr. Raabe hat einen hochinteressanten Vorschlag gemacht:

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum die Austern bei Bruno in Zehlendorf so viel besser schmecken als bei allen anderen französischen Hotspots der Hauptstadt. Sie tun es aber.

Zu meiner eigenen Überraschung schafften diese wunderbaren Meeresbewohner aber nicht den kulinarischen Wochenhöhepunkt. Zu dem hatte einen Tag später die beste, geduldigste Gemahlin von allen eingeladen, nämlich ins „Louis Laurent“ in Charlottenburg, in dem ich nach vorbildlich ohne ihre Häuser (ich geh zum Essen in ein Restaurant, nicht um an Gedulds- und Geschicklichkeitsspielen teilzunehmen) angerichteten Schnecken in delikater Kräuterbutter …

… nicht weniger als das beste Boeuf Bourguignon meines Lebens genoss.

Der volle, reine Geschmack der konzentrierten Sauce war einmalig, in dieser einfach strukturierten Klarheit hatte ich das so noch nie auf dem Teller. Ich freute mich, den Saucier als Genie preisen zu dürfen.

Kultureller Wochenhöhepunkt war die ganz prachtvoll gemachte, stellenweise sehr komische Zausel-Comedy-Serie „Undercover im Seniorenheim“ auf Netflix. Auch wenn’s streckenweise nicht so ganz mein Ding war (Triggerwarnung: „heartwarming“!).

Als ebenfalls sehr sehenswert erwies sich „Achtsam morden“ beim gleichen Streamingdienst. Das war gottseidank – wie die Vorlage – überhaupt nicht „heartwarming“.

Mir ist nicht so ganz klar, warum ich die Memoiren von Frau Merkel lesen soll. Ich war doch dabei und weiß leider. wie’s ausgeht. Und ebensowenig verstehe ich, warum die öffentlich-rechtlichen TV- und Rundfunksender diesem Buch, das – da sind sich die Rezensenten einig – absolut nichts Neues mitteilt, derart massive Verkaufshilfe spendieren.

Früher war nicht alles schlecht.

Und natürlich ist das, was ich mir ein Leben lang am meisten gewünscht habe, eine Matratze aus NASA-Technologie.

Das korrekte Belegen einer Käsestulle erfordert Sorgfalt, Kreativität und etwas Mut. Ich biete: leicht angetoastetes Mischbrot, Butter, Ingwer-Gelee, Esrom, scharfer Dijon-Senf.

FDP und Pyramidensystem – das passt doch wie die Faust aufs Auge!

Wenn Chuck Norris eine Briefbombe öffnet, explodiert der Absender.

Lauch mit Porree

Vom Lauch bzw. Porree habe ich – als treuer Siebeck-Jünger – immer nur das Weiße bis Hellgrüne verwendet. Alles, was grün bis dunkelgrün war, wurde erst ein wenig mit Verachtung gestraft und wanderte dann in die Tonne. Was ein ziemlicher Fehler war, wie ich vor zwei Jahren erfahren hab, als das segensreiche Internetz mich über eine Zubereitung informierte, bei der die grünen Teile des delikaten Gemüses tatsächlich die spielentscheidende Rolle spielten. Seitdem mach ich Poree zwar nicht ausschließlich aber doch immer öfter so. Weil’s so schön intensiv nach Lauch schmeckt.

Als erstes wird, wie immer, ein KüBi14 geknackt und während der ersten Schlucke lassen wir die Zutaten Ravioli passieren, um sicherzugehen, dass auch alles parat liegt. Wir brauchen pro Person (als Beilage):

1 Stange Lauch

Haben wir da, Sahne, Butter, Brühe, Pfeffer, Salz befinden sich im Vorrat. Als erstes trennen wir die den weißen bis hellgrünen Teil jeder Porree-Stande ab und legen ihn erstmal beiseite. Die grünen Blätter befreien wir von angegammelten Stelen, schneiden sie in Streifen, die wir gründlich waschen. Dann lassen wir Butter zergehen, geben die tropfnassen Lauchstreifen dazu und dünsten sie schön weich, das dauert  so 10 bis 15 Minuten. Gegebenenfalls schütten wir ein wenig Brühe dazu, falls die Chose anzubrenen droht. Anschließend kommt der Schraddelstab zum Einsatz, mitdem wir das Ganze zu einer schönen, grünen Pampe zerschraddeln. Wenn wir unser Porreegemüse mit Sahne essen, können wir sie beim Zerschraddeln dazugeben.

Mit den weißen bis hellgrünen Teilen verfahren wir wie üblich. Die werden geputzt, in feine Ringe geschnitten, gewaschen und kommen tropfnass in schäumende Butter, Dann wird gesalzen, gepfeffert und umgerührt, nach zwei, drei Minuten sollte alles weich sein, dann kippen wir die grüne Pampe dazu und sind auch schon fertig. Dieses wirklich intensiv nach Lauch schmeckende Gemüse ist eine prima Beilage zu Fleisch und Fisch, man kann es aber auch z. B. ganz gut zu Nudeln essen. Dann würd ich allerdings ein paar Speckwürfelchen drüberstreuen.

Bei mir gab’s exzellentes Kassler aus den Edeka No, 1 im Forum Steglitz dazu. Und reichlich Riesling. Mahlzeit!

Wie man für Kabarett schreibt

„Es gibt nur zwei Sorten von Kabarettnummern: die Umkehrung und den Rasierspiegel. Diese zwei Möglichkeiten haben Sie, wenn Sie zu einem Thema eine Nummer schreiben sollen. Wenn Sie die Umkehrung benutzen, dann drehen Sie das, was alle schrecklich finden sollen, einfach um, und finden es ganz toll. Oder, dann benutzen Sie den Rasierspiegel, Sie nehmen sich ein Detail des Themas raus und blasen es zur Übergröße auf, bis es grotesk wird. Ich sag Ihnen ein Beispiel. Sie sollen was über Neonazis schreiben. Dann schreiben Sie eine Nummer mit dem Vater eines solchen Idioten, der alles ganz toll findet, was sein Idiot von Sohn so treibt. Das ist die Umkehrung. Oder Sie schreiben, wie der Vater total stolz darauf ist, dass sein Sohn gelernt hat, sein Werkzeug tiptop sauber und in Ordnung zu halten, Und als Schlusspointe zeigen Sie, dass es sich um Waffen handelt, Totschläger, Schlagringe undsoweiter, Das wäre dann der Rasierspiegel.“

Diesen Kurzvortrag hielt mir der damals nach neuen Textern suchende Rolf Ulrich anfangs der Neunziger Jahre in seinem Büro im Europa-Center, in das mich der  Erfolg meines ersten Musicals gespült hatte. Das ist tatsächlich klassisches Kabarett „in a nutshell“ und war mir in den darauffolgenden vielen Jahren, in denen ich Nummern und Programme für Kabarettisten und Kabarett-Häuser geschrieben hab, ein extrem wertvoller Leitfaden. Natürlich hat sich der Kosmos des Kabaretts mittlerweile stark erweitert. Man kann, wenn man denn will oder soll, natürlich auch ganz andere Nummern schreiben. Aber das ist die Basis, von der alles kommt, und auf die man als Texter immer zurückkehren kann, besonders, wenn man mal nicht weiter weiß. Nochmals danke dafür, Herr Ulrich.

So, Pflicht erfüllt, Handwerk ebenfalls weitergereicht.

Splitterbrötchen (MVII)

Was ist denn nur los? Ein Monat vor Heiligabend, am 24. November, habe ich noch keine einzige Mail mit dem Betreff „Weihnachten steht vor der Tür“ bekommen.

„Bündnis Sarah Wagenknecht“ ist ein unfassbar cooler Name für eine Partei. Die SPD sollte zeitnah mit einer Umbenennung in „Interessengemeinschaft Olaf Scholz“ nachziehen, um wieder mehrheitsfähig zu werden.

Dass ich Musikvideos bis zum Ende anschaue, weil ich wissen will, wie’s ausgeht, ist ja eher die Ausnahme …

„Vielleicht sind wir auch einfach nur das langweiligste Land der Welt.“ Bonetti hat mal wieder genau hingeschaut15

Fa. Facebook hat mich am Dienstag dazu aufgefordert, „mein Werbeerlebnis zu verwalten“. Unsere Welt ist bunt.

Sie wissen doch, wem wir es zu verdanken haben, dass in praktisch jedem Hollywood-Film im Abspann dieser dämliche Disclaimer „This is a work of fiction. Any similarity to actual persons, living or dead, or actual events, is purely coincidental.“ steht? Natürlich haben Sie gewusst, dass es Rasputin war.

Hat jemand Aktien von Google/Alphabet? Sofort abstoßen, die Kis drehen durch!

Medizinisches Highlight der Woche war ein kostspieliges Vergnügen: die routinemäßige Prostata-Krebs-Vorsorge. Da die Krankenkasse nach wie vor nur den vollkommen sinnlosen, nicht aussagekräftigen „Urologen-Gruß“ bezahlt, dürfte ich wieder PSA-Wert und Ultraschall aus eigener Tasche bezahlen, über 60 Euro. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Der Lacher der Woche kam (mal wieder) von Jürgen von der Lippe.

Man beachte das makellose Timing dieses Mannes. Besser geht’s nicht, das ist Peter-Frankenfeld-Klasse.

Ich als Freund zündender Wortwitze freue mich über jede Bäckerei, die mutig genug ist, in Idealkonkurrenz zu Friseuren zu treten. Hier allerdings muss nachgebessert werden …

… „Mampfiosis Paninis“ kann zu leicht mit einer Asterix-Nebenfigur aus Griechenland verwechselt werden!

Die beste, geduldigste Gemahlin von allen und ich genossen als kulinarischen Wochenhöhepunkt das berlinischste aller Gerichte, die Vereinigung von preußischer Frugalität und hugenottischer Genussfreude, Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl.

Das Zusammenstreichen des Berliner Kulturetats zeugt von galoppierender Idiotie im Senat16. Als würde man in Paris den Eiffelturm abreißen. Schwachkopf Professional, anyone?

Das Zitat der Woche17: „All you’ve really got in life is story.“ (Terry Gilliam)

Wann immer eine darstellende Künstlerin oder ein darstellender Künstler in einer Talkshow um seine ehrliche Meinung gebeten wird, denken Sie bitte an eins: der Song,  den Frank Sinatra dem Vernehmen nach am meisten gehasst hat, war „My Way“.

Klabauterbach hat seinen Willen bekommen. Jetzt geht’s den „defizitären Krankenhäusern“ an den Kragen. Und dann kümmern wir uns um die defizitären Schulen, die defizitäre Justiz und machen alle Polizeiwachen dicht, stattdessen gibt’s dann alle paar hundert Quadratkilometer ein KKZ („Kriminalistisches Kompetenz-Zentrum), und die Aufklärungsquote geht durch die Decke. Yippieaiyay, Schweinebacke!