Splitterbrötchen (DCCCXCV)

Eigentlich wäre mit dem Tweet der Woche ja alles gesagt…

… aber ich leg trotzdem noch ein bisschen was nach. Weil Sonntag ist.

Ich kann nicht aufhören, mich über Helikopter-Eltern zu wundern, die ihre Kinder immer nur als Opfer, aber nie als potenzielle Täter imaginieren können. Vollkommen fassungslos las ich auf Twitter den Thread einer Mutter, die von Problemen bei der stundenlangen, erfolglosen „Einschlafbegleitung“ ihres Sohnes berichtete. Wäre mir als Kleinkind ein derartiges Unterhaltungsprogramm (Einschlafbegleitung = statt drögen Solo-Einschlafversuchen bei gelöschtem Licht den Eltern durch Rumgequengel auf den Zeiger gehen zu können) angeboten worden, hätte ich auch beherzt zugegriffen.

Dicke Empfehlung für die neue Netflix-Serie „King of Stonks“, die zwar eine ziemliche schamlose „Wolf of Wallstreet“-Kopie ist, aber dennoch sehr gut unterhält, zuvörderst natürlich durch einen souverän auf die Kacke hauenden Matthias Brandt.

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war eine mit ein wenig Salz auf Butterbrot genossene, wunderbar aromatische San-Marzano-Tomate aus dem Seewinkel.

Tränen lachte ich über eine Pointe aus der österreichischen Kabarettsendung „Pratersterne“: „Der Friedhofsgärtner im amerikanischen Seattle hat mir erzählt, dass er während des MTV-Unplugged-Konzerts von Andreas Gabalier aus dem Grab von Kurt Cobain einen zweiten Schuss gehört hat.“

Menschen, die in den sozialen Medien nach Dingen fragen, die sie problemlos Googlen könnten – gibt es da schon eine Studie?

Den Knalldeppen, der „The Rise of Gru“ mit „Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ übersetzt hat, würde ich gern stundenlang auf ausgesucht grausame Weise foltern. Ansonsten ist der neue Minions-Film beste, mit zahllosen Filmzitaten gespickte Unterhaltung.

Nach einem „deutschen Wort mit ‚i'“ wurde ich auf Facebook gefragt. „Intransitiv“, antwortete ich spontan.

Gute Schauspieler können auch besser Outrieren als schlechte Schauspieler.

Wenn man etwas selbst nicht tun kann oder will, dürfen es die anderen auch nicht. Klar.

Tatsächlich sind Annalena Baerbock und Robert Habeck aktuell die Minister, an denen ich am wenigstens auszusetzen habe. Trotzdem stehen sie wegen ihrer permanenten, durchkalkulierten Selbstinszenierung bei mir weiterhin unter Verdacht.

Kulinarische Entdeckung der Woche war eine Nudelsalat-Sauce: 1/3 Mayonnaise, 1/3 Sauerrahm, 1/3 im Kochwasser pürierte weiße Bohnen. Das gibt einen sehr runden, angenehmen Geschmack, der den Salat ergänzt und nicht dominiert. Wenn man nicht weiß, dass Bohnen drin sind, schmeckt man sie nicht heraus.

Informationsübermittlung war nie das Geschäftsmodell der Medien. Das bestand durchaus darin, das Niveau des öffentlichen Diskurses durch ständiges Skandalisieren von Bagatellen so weit abzusenken, dass immer mehr Menschen bei den Medien Orientierung suchten. Durch Social Media hat sich das gravierend geändert, leider nicht zum Besseren. Vielleicht versucht man’s doch mal mit Informationsübermittlung? Das – statt des umpfzichtausendsten Tik-Tok-Kanals oder eines kreuzdämlichen Leistungsschutzrechts – wäre mal echt innovativ.

 

Splitterbrötchen (DCCCXCIV)

Wer Olaf Scholz für arrogant hält, hat Helmut Schmidt nicht erlebt.

Werbung für ein Hundekissen gesehen, dass den Viechern die „täglichen Ängste“ nehmen soll. Das Ende der Zivilisation dürfte unmittelbar bevorstehen.

Der Twitter-Lacher der Woche:

Die Hölle, das sind die hilfsbereit Säuselnden.

Auf Facebook habe ich eine sehr, sehr charmante Paul-Newman-Anekdote entdeckt.

Der Mindset des Kleinbürgers ist an Einfachheit nicht zu überbieten, deshalb ist er auch so erfolgreich. Logisch, dass Social Media mittlerweile „Spießers Paradise“ ist.

Den kulinarischen Wochenhöhepunkt musste ich nicht erneut fotografieren, das hab ich schon oft genug getan: die im Paradies erfundene Kombination aus Speckbrot und eiskaltem Welschriesling.

Für ein Lead-In wie „Janine D. ist Kleiderschrankberaterin.“ ist die Tagesspiegel-Redaktion allein wegen ihres Muts zu loben. Als ich im Folgenden allerdings erfuhr, dass Frau D. nicht nur Aufbewahrungsmöbel coacht, sondern sich auch als „Sinnfluencerin“ und „Aktivistin gegen ‚Fast Fashion'“ begreift, habe ich ermattet zu lesen aufgehört.

Ich bin nach der ersten Woche Grundschule nie mehr von meinen Eltern zur Schule gebracht oder von dort abgeholt worden. Eine derartige Begleitung hätte ich als unerwünschten Eingriff in meine Privatsphäre abgelehnt. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass „Der Junge muss möglichst bald selbständig werden“ das wichtigste Ziel meiner Erziehung war.

Ich bin sehr gespannt, wie die Berliner Humboldt-Universität sicherstellen wird, dass in Zukunft die dort studierenden Menschen die Grundlagen akademischen Arbeitens beherrschen. Ganz offensichtlich wissen die autoritären Knalldeppen, die dort gestern einen Vortrag verhindert haben, noch nicht mal ansatzweise, was Wissenschaft ist. Es ist Aufgabe der Humboldt-Universität, zu verhindern, dass die Professoren und Dozenten dieser Menschen weiterhin bei der Vermittlung akademischer Grundlagen derart eklatant versagen.

Splitterbrötchen (DCCCXCIII)

Beim Anschauen von „San Andreas“: „Wenn ein Darsteller Dwayne ‚The Rock‘ Johnson heißt, ist es schwer, zwischen Vor- und Tsunami zu unterscheiden.“ Ist das nun ein extrem cooler Wortwitz oder nicht?

Und wie ist es mit „Wenn tektonische Platten nicht sofort aufgepumpt werden, kann das echt böse enden.“?

Werbung wirkt bedrohlich, wenn Claims wie „Gemüsesaft in Lachgummis“ und „Mümmelbande“ verwendet werden.

Der Tweet der Woche:

Besonders begeistert bin ich über Bewertungsportale – insbesondere solche, in denen ich seit Jahren nicht mehr aktiv bin – die mir Erklärbär-Mails schicken, wie ich gute Bewertungen schreibe.

Können Oktopusse eigentlich in eine Krakenkasse einzahlen, falls mal was ist?

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war eine kompromisslos klassische Pizza mit kompromisslos scharfer Salami beim Lieblingsitaliener.

Seit Anfang Mai streiken die Unikliniken in Nordrhein-Westfalen, Julian Assange soll an die USA ausgeliefert werden. Warum lese ich über diese Themen so wenig in den Leit- und Qualitätsmedien? Warum befasst man sich da lieber mit Social-Media-Befindlichkeiten und der Besetzung drittrangiger Ämter? Warum lassen Journalisten Menschen, die für ein besseres Leben für uns alle kämpfen, derart im Stich?

Splitterbrötchen (DCCCXCII)

Was nicht jeder weiß: Man kann beim Zubereiten aufwändiger Rezepte sehr viel Zeit sparen, indem man den elitären Gourmet-Kram einfach weglässt.

„Lasst uns die Theater zwei Jahre dicht machen, die Verantwortlichen so lange zum Arbeiten in die Kalkminen schicken und dann das Publikum fragen, ob es etwas vermisst hat.“ Tja, die Theater waren zwei Jahre praktisch dicht, die Kalkminen sind den Intendanten, Regisseuren und Dramaturgen erspart geblieben, und das Publikum entscheidet gerade: es vermisst nichts und bleibt in Scharen weg. Einige Läden sind bei 22 % Auslastung mit Corona-Bestuhlung, d.h. die ziehen soviel Publikum wie ein Off-Theater-Flop in den 80er Jahren (in absoluten Zahlen). Und den Verantwortlichen ist der Ernst der Lage mal wieder nicht klar, die denken (bzw. sagen, dass sie das denken), dass das „nur eine Phase“ ist und die Leute irgendwann wiederkommen. Die Leute werden aber nicht wiederkommen. Publikum, dass einmal weggeblieben ist, bleibt auf Dauer weg. Ein Blick in die Berliner Theaterstatistik hilft: Hier wurden in den letzten 30 Jahren etliche Theater geschlossen, und das Publikum dieser Theater ist aus der Statistik verschwunden. Diese Menschen haben nach Schließung „ihres“ Theaters nicht andere Theater besucht, die machen jetzt was anderes in ihrer Freizeit. Genau das passiert jetzt überall. Das wird demnächst ganz, ganz bitter für die subventionierten Kollegen.

„Was? Abi?“ Von der nahenden Reifeprüfung überraschter Sohn einer japanischen Meerrettichpasten-Dynastie

Beim Kochen geht es letztlich nur darum, Geschmack aus Dingen raus bzw. in Dinge rein zu kriegen.

Der kulinarische Wochenhöhepunkt blieb unfotografiert: Anlässlich eines Hoffests hab ich zum ersten Mal seit Jahren wieder den Dreigang aus dem ZEITmagazin-Kochwettbewerb auf den Tisch gebracht: Krautstrudel – Halászlé – Somloer Nockerln. Es kocht sich doch sehr entspannt, wenn einem kein Fresspapst im Nacken sitzt. Runner-Up kam auch aus der eigenen Küche: Flanksteak mit (sehr) scharfer Sauce:

Auch der dritte Platz soll nicht unerwähnt bleiben. Im Makarska-Grill, dem Friedenauer Emporium für gesundheitsbewusste Ernährung, genoss ich eine leichte, bekömmliche Gemüseplatte „Hildegard von Bingen“.

Als junger Mann hat es mich grundsätzlich angekotzt, wenn alte Säcke geglaubt haben, mir Vorschriften machen zu können. Jetzt bin ich selber ein alter Sack, aber den dahinter stehenden Mindset finde ich immer noch zum Kotzen. Wie kommt Steinmeier darauf, jungen Menschen mit einem „Pflichtjahr“ Gemeinsinn und Pflichtbewusstsein nahe bringen zu können? Wieso denkt er, dass die alle undankbar, faul und frech sind? Das sind erwachsene Menschen, die müssen nicht mehr erzogen werden. Von dämlichen, saturierten Politikern schon gar nicht.

Ich habe einen neuen Lieblings-TV-Sender.

Schwierige Fremdsprache: Wann sagt man „Pardon“, wann „Versailles“?

Das hätte ich auch twittern können.

Jemand, der denkt, unliebsame Tatsachen beseitigen zu können, indem er sie im Internet löscht und das auch noch in aller Öffentlichkeit tut, weil er glaubt, nicht erwischt zu werden, hat ausreichend Dreistigkeit, aber nicht genug Intelligenz für ein öffentliches Amt.

 

 

Splitterbrötchen (DCCCXCI)

Wir sind wieder in Splitterbrötchen-Regionen, in denen ich die korrekte römische Bezifferung nachgoogle. Natürlich nur zur Sicherheit!

Was nicht jeder weiß: Wenn bei einem Fahrschulwagen bei Sonnenschein die Scheibenwischer angehen, biegt er gleich ab.

„Jawohl, mein Marktführer!“

Das Wort der Woche schuf mal wieder Peter Glaser: „Heiterkeitsherausgeforderte Person“.

Begleiterscheinung des Alterns: Man ist plötzlich älter als alle Ärzte, die einen behandeln. Die logischerweise deutlich weniger Erfahrung haben als ihre Vorgänger, das muss hier mal gesagt werden!

Am Mittwochabend war ich im Kino, um „Top Gun: Maverick“ anzuschauen. Ich habe diesen zynisch durchkalkulierten Bullshit von der ersten bis zur letzten Sekunde genossen. Jerry Bruckheimer hat mal wieder geliefert, und wie! Wenn man das Kino blödsinnig grinsend verlässt, war es meistens ein Bruckheimer-Film.

Der Twitter-Lacher der Woche:

Welche gepflegt idiotische Idee steht eigentlich hinter den schwarzrotgoldenen Aufklebern, die Edeka seit Monaten auf die Auberginen pappt? „Wir sind Eierfrucht“?

Kulinarischer Wochenhöhepunkt waren – wieder mal – ohne Firlefanz gebratene Campingzelt-Befestiger. Ein wunderbares Essen.

Perlen der Dialogkunst: „Es dürfen keine weiteren Fehler gemacht werden!“ rief ein erzürnter Darth Vader in Folge 4 der Disneyplus-Fehlleistung „Obi-wan Kenobi“. Der Drehbuchautor hätte Lord Vader gestatten sollen, seine Worte mit einem energischen „Sonst werd ich echt stinkig!“ zu bekräftigen.

Großen Spaß beim Lesen von „To Kill a Troubadour“ gehabt, dem 15. Abenteuer von Bruno, Chef de Police1 gehabt. In diesem Buch befasst Bruno sich mit Twitter, und damit sehe ich mich in meiner vor zwei Jahren erstmals geäußerten Theorie bestätigt, dass die geschätzte Twitter-Persönlichkeit „RS Archer“ entweder Walker selber oder einer seiner Rechercheure (R-e-S-e-Archer) ist. Die Kunstfigur Archer ist eindeutig in Walker’s Dordogne-Universum angesiedelt und tauchte vor ca. zwei Jahren auf Twitter auf, also als Walker die Arbeit am jetzt erschienenen Buch und den dafür notwendigen Social-Media-Recherchen  begonnen haben muss. Aber egal ob’s Walker, sein Rechercheur oder irgendjemand anders ist: die Geschichte vom „Brexit couple“ mit dem „idiot son“ ist einfach ein Kracher!

„Filthy Picture“ – „The Pirates“ 1979 im Kant-Kino

Springsteen hab ich nie gesehen. Zweimal hatte ich Karten, zweimal kam mir eine Spielplanänderung dazwischen, ich musste Theater spielen statt ins Konzert zu gehen. Ansonsten hab ich fast alle live gesehen, die mir musikalisch wichtig waren: Rory Gallagher. Die Who. Grateful Dead. Crosby, Stills & Nash. Chuck Berry. Ray Charles. James Brown. Bob Dylan. Frank Zappa. Paul McCartney. Um nur ein paar zu nennen. Springsteen fehlt mir in meiner Sammlung, und so wird das leider auch bleiben, die Ticket-Preise, die er für seine Tour nächstes Jahr aufruft, will ich nicht zahlen.

Also kann ich jetzt mal Bilanz ziehen: Was war das beste Konzert meines Lebens? Nun, nach sorgfältiger Abwägung waren das … (Trommelwirbel) … „The Pirates“, Anfang 1979 im Kant-Kino in Berlin.

Heutzutage kennt diese Band wohl kaum einer mehr. „The Pirates“ waren in den 60er Jahren als „Johnny Kidd and the Pirates“ unterwegs und hatten ein paar Hits, unter anderem den Klassiker „Shakin‘ all over“. Damit war Schluss, als Kidd 1966 bei einem Autounfall ums Leben kam. Zehn Jahre später formierten sich Johnnie Spence (b), Frank Farley (dr) und Mick Green (g) als „The Pirates“ neu und brachten zwei bemerkenswerte Alben heraus, extrem subtil „Skull Wars“ und „Out Of Their Skulls“ betitelt, die mich damals beeindruckt hatten: schnörkelloser, treibender Rock auf höchstem Energielevel. Genau einmal sind die Pirates in Berlin aufgetreten, am 21. Februar 1979 im Kant-Kino.

Etwa zwei Stunden dauerte dieses Konzert, zwei Stunden lang powerten diese drei Musiker die reine, ungehobelte Rock’n Roll-Energie von der Bühne runter. Sicherlich war Farley nicht der vielseitigste Drummer, und Johnnie Spence ein eher eindimensionaler Shouter, aber zusammen bildeten sie das kompakteste, straffste Rock-Rückgrat einer Band, das ich je erlebt habe, vor dem Mick Green, der wohl unterschätzteste Gitarrist der Rock-Geschichte, mit unglaublich schnörkellosen Schnörkeln die Telecaster kreischen ließ. Es dauerte keine drei Takte, dann saß im Kant-Kino keiner mehr, man konnte gar nicht anders, als mit dieser Band mitgehen.

Dieses Video gibt eine leise Ahnung von der Energie, die diese Band verströmte, im Kant-Kino konnte man die Klänge, die von der Bühne dröhnten, körperlich spüren und mit Händen greifen, es war eine absolut außerirdische Atmosphäre, wie ich sie vorher und nachher nie wieder erlebt habe.

Im letzten Drittel des Konzerts hatte sich eine junge Dame zum Bühnenrand vorgearbeitet, schwenkte ein Foto und rief immer wieder „Johnnie! Johnnie!“ Spence hörte zu spielen auf, kam an die Rampe und holte sich das Foto. Er betrachtete es und grinste dann breit und dreckig. Green und Farley hörten ebenfalls auf zu spielen, um sich das Foto anzuschauen. Sofort grinsten auch sie und nickten anerkennend. „Filthy Picture!“ rief Spence erklärend und begann, sein Bassriff weiterzuspielen. Rock’n Roll pur.

They don’t make musicians like that anymore. Soll Springsteen doch machen, was er will. We’ll always have The Pirates.

Splitterbrötchen (DCCCXC)

Menschen, die vor Ideen nur so sprühen, sprühen oft deshalb, weil sie gute von schlechten Ideen nicht unterscheiden können oder wollen.

Mit dem richtigen virtuellen Zoom-Hintergrund kann man die Aufmerksamkeit seiner Kurs-Teilnehmer entscheidend erhöhen.

Erst jetzt habe ich erfahren, dass Horst Sachtleben gestorben ist. Als ich – von 1976 bis 1978 – am Theater 44 in München als Inspizient und Regieassistent vom Dienst meine Grundausbildung in Sachen Theaterhandwerk erhalten habe, hat Horst dort in gefühlt jedem zweiten Stück Regie geführt. Er war einer der freundlichsten Menschen, die ich je kennenlernen durfte und beherrschte das Regiehandwerk wie kein zweiter. Ich habe sehr viel von ihm gelernt.

Das ist mir noch nie passiert: Beim wöchentlichen Skat lag ich vor der abschließenden Ramsch-Runde aussichtslos mit 500 Punkten Abstand hinten. Und dann hatte ich plötzlich mit Grand Hand, Grand Hand, Durchmarsch, Jungfrau gewonnen. Mit spielerischem Können hatte das nichts zu tun, das war reines Kartenglück. Schade eigentlich.

Micky Beisenherz hat mich sehr zum Lachen gebracht:

Kreativ gewesen und eine neue Pizza entwickelt: Pizza Cinque Formaggi, also Quatro Formaggi mit extra Käse. Pfiffig, nicht wahr?

Im Tagesspiegel stand diese Woche ein ausführlicher Artikel über den Gesundheitszustand Wladimir Putins, als Quellen waren ausschließlich Mitglieder amerikanischer Geheimdienste genannt. Natürlich wissen die Qualitätsjournalisten vom Tagesspiegel, dass Spione grundsätzlich nicht lügen, wenn sie mit der Presse sprechen.

In der wirklich sehenswerten Doku über Chuck Berry auf arte wurde ein ums andere Mal behauptet, was für ein großartiger Performer Chuck Berry war. Leider hat er das 1976 (!977?) im Circus Krone nicht gezeigt, als ich im Publikum saß: Rausgekommen, 45 Minuten lang mit einer uninspirierten Miet-Band seine Hits runtergeschrammelt, Duckwalk vorgeführt, Finito. Immerhin war er besser als die Vorgruppe (was keine Kunst war: Es waren „Eddie & the Hotrods“), deshalb haben ein paar Leute geklatscht.

Der kulinarische Wochenhöhepunkt bestand in dieser Woche aus drei exzellent gekochten Gängen, einem Menü im „Le Canard“ in Steglitz. Die Vorspeisenvariationen zeugten von den tunesischen Wurzeln des französischen Kochs, der dann auch beim Hauptgang…

… drygeagtem Kotelett vom Duroc nebst Kartoffel, Spargeln und unfotografierter, Mayonnaise-steifer Hollandaise, und dem Dessert…

… Crème brûlée, zweierlei Mousse au Chocolat und Tiramisu allerhöchstes handwerkliches Können demonstrierte. Das Kotelett war zu absoluter Perfektion gegrillt, durch, aber noch saftig, und die Dessert-Klassiker kriegt in dieser wertkonservativen Zubereitung in ganz Berlin niemand besser hin. Zurzeit muss man aber sehr viel Zeit mitbringen, wenn man dort essen möchte: den Mitarbeitermangel, unter dem fast die gesamte Gastronomie derzeit ächzt, gibt’s auch in der Klingsorstraße. Fast drei Stunden dauerte unser Menü, obwohl Restaurant und Terrasse nicht einmal zur Hälfte besetzt waren.

Wieso bekommen die Qualitätsmedien (die mal wieder) wegen der überfüllten Regios jetzt wieder Schnappatmung? Erstens war das zu erwarten2 und zweitens ist das doch ein ganz starkes Signal, dass sehr viele Menschen bereit sind – bei entsprechenden Preisen – den ÖPNV zu nutzen,

Was man gern ausblendet: Amber Heard und Johnny Depp minus Talent, Geld und Ruhm wären zwei ganz normale Dropouts, die sich am Kotti rumtreiben.

 

Splitterbrötchen (DCCCLXXXIX)

Wenn ich zu Beginn eines Spiels „Schleich dich, Infantino, du Arsch!“ brüllen kann, wird es ein gutes Spiel.

Fa. Steinecke bietet derzeit etwas namens „Dinkel-Amaranth-Brögel“ an. Erwartet man etwa ernsthaft von mir, dieses Wort oder sogar das damit bezeichnete Produkt in den Mund zu nehmen?

Seit ich vor über 40 Jahren angefangen habe, zu kochen, quält mich eine Frage: „Was macht man eigentlich mit glatter Petersilie“? Dank der Fürsorge von Fa. Aldi weiß ich jetzt endlich Bescheid.

Hertha BSC geht mir seit über 40 Jahren (genau, seit ich nach Berlin gezogen bin) auf den Zeiger. Mit Vereinen, die vor Selbstüberschätzung schier platzen, sportlich aber so gut wie nie liefern, kann ich nichts anfangen. Doch mittlerweile hat Hertha BSC den Olymp der Unsympathie erreicht: Mit dem vollkommen sinnlosen Verschleudern der Windhorst-Millionen hat man den zahlreichen, durchaus sinnvollen Argumenten für ein „Financial Fairplay“ im Fußball jeglichen Wind aus den Segeln gekommen. Ein Verein, dessen letzter Titel bald einhundert Jahre zurückliegt, zementiert durch abgrundtiefe Doofheit das finanziell unseriöse Gebaren von Vereinen wie Real Madrid oder dem FC Barcelona und spielt Oligarchen-Konstrukten wie PSG die Argumente wie Steilpässe zu: auch eine Leistung.

Immer, wenn man denkt, tiefer kann der Qualitätsjournalismus nicht mehr sinken, ruft der Tagesspiegel „Hold my beer!“ und senkt die Latte beim Niveau-Limbo, diesmal mit dem oben dokumentierten widerlichen Hit-Piece, das sich nur auf wolkiges Geraune anonym bleibender „ehemaliger Mitarbeiter“ stützt. Man kann wirklich sehr viel am Gesundheitsminister kritisieren, aber komplett substanzlos (an Lauterbachs akademischer Qualifikation ist wirklich nicht zu rütteln) ad hominem gehen? Was soll das?

Liebe Deutsche Bahn, welche Sinn macht es, Wörter zu benutzen, die nur die Peer Group auf Twitter, nicht aber die Mehrheit der eigenen Kundschaft entschlüsseln kann? „Reisendenlenker:innen„? Wirklich?

Kulinarischer Wochenhöhepunkt waren „Fish and Chips“ beim Pub-Quiz3 im Steglitzer Finnegan’s. Gebackenen Kabeljau dermaßen saftig hinzukriegen, das zeugt von höchsten handwerklichem Können!

Der Tweet der Woche gehört auf den Startbildschirm jedes sozialen Netzwerks:

Ich will „Cheddar“ ins Smartphone eintippen, die Autokorrektur schlägt mir „Chefdarm“ vor. Ich habe Fragen.

Sich dumm stellen, um aus der Naivität besser skandalisieren zu können, ist nun wahrlich nichts Neues, aber als die Herren Meier und Winterbauer in ihrem ansonsten gern gehörten „Medienwoche“-Podcast ausgiebig darüber spekulierten, ob Henri Nannen das mit den nackten Frauen auf den Titelseiten vielleicht von den Nazis gelernt haben könnte, staunte sogar ich.

Splitterbrötchen (DCCCLXXXVIII)

„Warum das Gehirn nach Alkohol giert“, will der Tagesspiegel mir erläutern, doch das braucht es nicht. Zu viel überflüssige Erklärbär-Artikel lassen auch den nüchternsten Zeitungsleser zur Flasche greifen.

„Alt wie ein Baum möchte ich werden“? Das ist doch Unfug! Wer möchte denn so aussehen?

Der Tweet der Woche sei ein uralter Hut, wurde mir mehrfach gesagt. Ist mir vollkommen egal, ich hab trotzdem gelacht.

Der BILD sind diese Woche nicht nur die üblichen Verabscheuungswürdigkeiten gelungen, man schuf dort auch ein Wort von reiner, beinahe poetischer Idiotie: Bundesliga-Co-Trainer-Legende.

Atemberaubender Beitrag zu meiner unfassbar erfolgreichen Serie „Die beste, geduldigste Gemahlin von allen fotografiert Dinge“. Heute: Merkwürdiges violettes Gestrüpp in einem Waldstück.

Natürlich kann man die nach Henri Nannen benannte Journalistenschule umbenennen. Natürlich kann man den nach ihm benannten Preis umbenennen. Natürlich kann man so tun, als hätte es widersprüchliche Menschen wie Nannen, ihre Fehler und ihre Versuche, sie wiedergutzumachen, nie gegeben. Doch wenn man das tut, werden junge Menschen in ein paar Jahren denken, dass es hierzulande nach dem 2. Weltkrieg tatsächlich einen harten Bruch gegeben hätte und die ganzen Mitläufer und Nazis mit dem Aufbau der Bundesrepublik nichts zu tun gehabt hätten. Wer Personen cancelt, cancelt auch ihre Geschichte und damit die Geschichte von uns allen. Wenn unsere Moralansprüche uns daran hindern, Widersprüche zu erkennen und auszuhalten, machen wir etwas falsch.

Der für den Samstagmittag geplante kulinarische Wochenhöhepunkt – ein Mittagessen im Fischrestaurant „Arielle“ in Werder fiel wegen Corona-Kollateralschaden aus: das A-la-Carte-Restaurant hat bis September geschlossen, es fehlt an Mitarbeitern. Das am Imbiss erstandene gebratene Zanderfilet mit Bratkartoffeln war zwar mehr als anständig…

… konnte aber nicht wirklich gegen meine selbst gebratenen Heringe vom Montag anstinken4, die ihrerseits nicht gegen die unnachahmlichen Calamaria in Knoblauchöl in der Taverna Pigasos anstinken5 konnten.

Es wird immer schlimmer: Am 25. März dieses Jahres habe ich Jutta Ditfurth zugestimmt, gestern musste ich – trotz heftigster innerer Gegenwehr – Jan Fleischhauer und Georg Gafron(!) auf einmal zustimmen. Wo soll das nur enden?

 

 

Splitterbrötchen (DCCCLXXXVII)

Seit ich einmal an einem „Kongress deutscher Theaterautoren“ teilgenommen und dabei vor beinahe allen anderen Kongressteilnehmern komplett den Respekt verloren habe, meide ich Berufsverbände und ihre Veranstaltungen wie der Teufel das Weihwasser. Deniz Yücel scheint jetzt eine ähnliche Entscheidung getroffen zu haben.

Große Freude, als nach einem Zoom-Update auf meinem etwas betagten Rechner plötzlich die virtuellen Hintergründe funktionierten.

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war das wunderbare Knoblauch-Steak im Hugo.am Stadtpark WIlmersdorf, zu dem die liebe Nichte eingeladen hatte.

Aus der taz: „Das Theater Basel … führt bewusst weniger Inszenierungen pro Spielzeit auf. Damit werden nicht nur längere Probenprozesse ermöglicht, sondern auch die zur Selbstorganisation notwendigen Räume geschaffen, so Jörg Pohl, Mitglied des Basler Leitungsteams.“ Warum spart man die lästigen Aufführungen nicht gleich ganz ein? Dann könnte man sich endlich voll auf die Selbstorganisation konzentrieren und müsste keinerlei Rücksicht auf die sowieso ausbleibenden Zuschauer nehmen. Win-Win-Situation!

Die große Freude über die Zoom-Hintergründe wurde etwas getrübt: Ich musste feststellen, dass keiner meiner 12 Kursteilnehmer mit Rick Blaines Gin-Joint etwas anfangen konnte. Mein Lieblingsfilm ist endgültig museal geworden.