Das Lieblingsgericht meiner Kindheit und Jugend. Festtage für die ganze Familie, wenn „Rippchen“ auf den Tisch kamen. „Rippchen“, das war die dicke Rippe vom Schwein, vom unvergleichlichen Fleischermeister Gebauer aus der Pontanistraße gepökelt und geräuchert. Eine schlichtweg sensationelle rustikale Köstlichkeit, mit krachend-knuspriger Kruste und unvergleichlich saftigem Fleisch. Und einfach zuzubereiten noch dazu! Die dicke Rippe ungewürzt in den Bräter verfrachtet, eine oder zwei kleingeschnittene Zwiebeln dazu (verspielte Naturen jubeln der Rippe noch einen geriebenen Apfel unter), ein Tässchen heisses Wasser angießen, Deckel drauf und ab damit in den mit mindestens 240 Grad beinahe auf Volllast laufenden Backofen. Nach einer halben Stunde wird der Deckel entfernt und die Rippe regelmäßig begossen, und nach einer oder anderthalb Stunden (das hängt davon ab, wie dick die dicke Rippe ist) ist sie fertig. Während das Fleisch ausruht, kann, wer möchte, mit Sahne und Saucenbinder aus dem Bratfond eine Sauce machen, mach kann sich aber auch so auf Vegetariers Alptraum stürzen. Sauerkraut als Beilage ist traditionell, bei meiner lieben Mutter gab es meist Salzkartoffeln und Erbsenmöhrengemüse dazu, Kartoffelsalat wäre eine denkbare Alternative. Bier ist als Begleiter unerläßlich, in der Heimat natürlich das beste Bier der Welt!
Doch einen Wermutstropfen muss ich – leider – zur dicken Rippe reichen. Sie schmeckt nicht mehr wie früher. Das Geheimnis ihrer unvergleichlichen Delikatesse war eine mittig in das Fleisch eingebettete, leicht faserige Fettschicht, die den modernen Schweinen leider weggezüchtet wurde. Und die nichts, aber auch gar nichts mit den wabbeligen Fettschichten moderner Zuchtschweine zu tun hatte.
Diese Fettschicht sorgte nicht nur dafür, dass das Fleisch saftig blieb, während die hohe Ofenhitze für die knusprige Kruste sorgte, nein, das schmelzende Fett durchtränkte das Rippenfleisch mit einem einzigartigen, unvergleichlichen Aroma. Angesichts der heutigen Fett-Phobie scheint es kaum glaublich, dass meine Geschwister und ich uns bei Tisch um die fettesten Stücke regelrecht stritten. Und doch war es so.
Ich fürchte, die dicke Rippe meiner Kindheit ist Geschichte. Was habe ich nicht schon alles versucht, um dieses Gericht mit dem heutzutage angebotenem Schweienfleisch zu rekreieren. Die Hitze reduziert, die Garzeit verlängert, die Niedertemperaturmethode ausprobiert… mehr als akzeptabel waren die Ergebnisse leider nicht.
Doch wie man so schön sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Mutige Fleischer feiern Erfolge mit der Wiederentdeckung urtümlicher Schweinerassen wie dem Mangalitza-Schwein … Vielleicht kommt man ja irgendwie in Berlin an die dicke Rippe von so `nem Viech ran… Und mein guter Freund Heiko Wolff hat einen Räucherofen auf dem Balkon stehen. Und Pökeln kann ja auch nicht so schwer sein…
Auch mit fuffzich muss man sich noch Ziele setzen.