Die Überweisung

Ganz Deutschland lacht über die KfW-Bank, die dümmste Bank der Welt. Mal eben 350 Millionen Euro an die insolvente Lehman Brothers Bank überwiesen und damit in den Orkus gejagt. Wie kann denn das passieren? Während Politiker noch lautstark nach Aufklärung rufen

„Wir wollen genaueste Aufklärung darüber, wie es zu der Überweisung von 350 Millionen Euro an die Pleite-Bank Lehman kommen konnte“, sagte SPD-Haushaltsexperte Schneider…

ist der Netzecke längst die Klärung des Falls gelungen. Unsere nimmermüden Rechercheure haben die toten Briefkästen der Republik abgeklappert und sind fündig geworden. Das nachfolgende Gesprächsprotokoll dokumentiert in eindrucksvoller Weise ebenso die Mechanismen internationaler Finanzmärkte wie die bodenständige Entscheidungskultur deutscher Geldinstitute:

– Was ist denn als nächstes dran?
– Einmal 350 in die USA, an die Lehman-Brüder.
– Lehman-Brüder? Seit wann sind wir denn im Privatkundengeschäft?
– Kommt mir auch komisch vor.
– Schau nochmal genau nach, bitte.
– Kein Irrtum möglich. Lehman Brothers. Das ist englisch und heißt auf deutsch: die Lehman Brüder. Oder Gebrüder Lehman.
– Woher kannst du denn so gut englisch?
– Ich war auf ’ner Schulung. Wirtschaftsenglisch. 3 Wochen. In Singapur.
– Doll. Muss ich auch mal machen. Aber Wirtschaftsenglisch hin oder her: Die kommen mir spanisch vor, diese Lehman-Brüder. Ich ruf mal oben an, ob das seine Richtigkeit hat.
– Genau. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
– Hallo? Hier Leinberger, ich muss mal ganz dringend den Herrn Schröder sprechen. Ist mir ganz egal, ob der gleich ein wichtiges Meeting hat, wir haben hier eine Überweisung… Ja, Herr Schröder, schön, dass Sie Zeit haben, der Herr Fleischer und ich, wir rätseln darüber, warum wir irgendwelchen Privatkunden in den USA dreihundertfünfzig… Wie die heißen? Das sind die Gebrüder Lehman… Wie? Natürlich kenn ich mich aus im… Nu schreien Sie doch nicht so… Eine Bank? Die Lehman-Brüder haben eine Bank? Ach so. Wie heißt denn diese Bank? Wie? Wenn Sie so schreien, versteh ich kein Wort… Ach, die Bank heißt Lehman Brothers. Aufgelegt. Au weh. Das war jetzt gar nicht gut.
– Wieso?
– Der meinte, wir hätten wissen müssen, dass das ‘ne Bank ist. Hat mir ‘n ganz schönen Anschiss verpasst…
– Find ich ungerecht, wie der sich verhält. Man kann nun wirklich nicht jede Bank kennen.
– Er hat was gemeint von „in den Nachrichten“.
– Guck ich schon lang nicht mehr. Nur Panikmache. Könnte ich ja keine Nacht mehr schlafen, wenn ich Nachrichten gucken würde.
– Äh, wir sollten jetzt doch die Überweisung fertig machen. Der Schröder wird fuchsteufelswild wenn…
– Du, ich seh gerade…
– Was?
– Das sind keine 350 Euro, die wir an diese Lehman Brüder schicken sollen. Da hängen noch ein paar Nullen an der 350 dran…
– Viele?
– Sehr viele. Vielleicht sollten wir nochmal bei Herrn Schröder anrufen und fragen…
– Bitte. Gerne. Aber diesmal rufst du an und holst dir den Anschiss ab. Mein Bedarf ist gedeckt.
– Och nö. Auf Anschiß hab ich jetzt gar keinen Bock. Komm, wir hauen das Ding raus, egal wie. Wird schon seine Richtigkeit haben.
– Meinst du?
– Und außerdem können wir jederzeit sagen, dass wir ganz oben nachgefragt haben. Und dass der Herr Schröder selbst bestätigt hat, dass das ‘ne Bank ist, wo wir den Zaster hinschießen.
– Hast recht. Da kann wirklich nichts passieren.

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Das Ackermann-Angebot

Heute steht’s in allen Zeitungen: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann glaubt angesichts der internationalen Finanzkrise nicht, dass die Banken die Lage allein in den Griff bekommen können. Jetzt soll’s die Politik richten, fordert er lautstark, doch wie genau die Hilfe der Politik aussehen sollte, blieb zumindest im Halbdunkel. Bis jetzt. Der Netzecke ist ein brisantes Gesprächsprotokoll zugespielt worden, das eindrucksvoll dokumentiert, wie die Finanzkrise entstanden ist und welche konkreten Forderungen Vollblut-Banker Ackermann an die Politik stellt.

„Steinbrück.“
„Hier ist Josef Ackermann von der Deutschen Bank! Peer, alter Junge, wie geht’s denn immer so?“
„’Peer, alter Junge‘? Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, war ich noch der ’schnöselige Kassenwart‘.“
„Olle Kamellen, ein dämliches Missverständnis …“
„Sind Sie wirklich Josef Ackermann?“
„Sag Jupp zu mir! Alle meine Freunde nennen mich Jupp.“
„Na denn, Herr Ackermann, was kann ich für Sie tun?“
„Naja, Peer, du könntest mir in der Tat ein bißchen aus der Klemme helfen. Entweder ein paar hundert Milliarden rüberrubbeln…“
„Einen Moment, Herr Ackermann. Frollein Koslowski, bringen Sie mir mal ganz schnell meine Blutdrucktabletten!“
„…oder ein paar Leuten mal so richtig Bescheid stoßen.“
„Das klingt schon wesentlich sympathischer. Wenn darf ich abmeiern?“
„Wenn du mit dem Paulson anfangen könntest…“
„Dem amerikanischen Finanzminister? Aber gern. Was liegt an?“
„Ich brauche eine konzertierte Aktion von Notenbanken und Regierungen…“
„Geht das etwas konkreter?“
„Klar. Also, der Paulsen soll sein Hotel in der Schlossstraße wieder abreißen. Wenn ich ’ne fünf würfle, bin ich drauf, und wenn ich die Miete zahlen muss, geh ich krachen.“
„Hotel in der Schlossstraße? Und… was erwarten Sie von den Notenbanken?“
„Die Zinsen müssen runter! Ich hab gerade eine Hypothek auf mein E-Werk aufgenommen, die Zinsen fressen mich auf. Der Paulson steht zwar kurz davor, aber wenn er ’ne 4 würfelt und auf das E-Werk kommt, bleibt mir ja gar nix von der Miete übrig.“
„Wie sind Sie denn in diesen grauenhaften Liquiditätsengpass geraten?“
„Mein Gott, ich hab ein paar Mitspielern großzügig Kredite gewährt. Ist ja auch meine Aufgabe als Banker, nicht wahr? Und dann erklären die einfach Bankrott und spielen nicht mehr mit.“
„Sie haben Ihren Mitspielern Kredite gegeben? Ja, spielen Sie denn zum ersten Mal Monopoly?“
„Nö, das mach ich seit Jahren. Wieso?“
„Dann müssen Sie doch wissen, dass bei jeder Monopoly-Partie die Mitspieler einer nach dem anderen Bankrott gehen, bis nur noch einer übrig bleibt.“
„Jau. Marktwirtschaft ist nun mal kein Nonnenhockey.“
„Sie zocken ohne Netz, und dann beschweren Sie sich, wenn’s schief geht.“
„Was bleibt mir denn übrig, wenn die Selbstheilungskräfte des Marktes nicht mehr funktionieren?“
„Und ich soll jetzt den Gesundbeter machen? Vergessen Sie’s!“
„Ich würde mich selbstverständlich revanchieren, mit einem Premium-Girokonto ohne Kontoführungsgebühren. Und zur Kontoeröffnung gibt’s die Eurocard Gold und einen Toaster!“

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