In Zeiten, da ich der Zeitung entnehmen muss (nein, ich gucke immer noch nicht), dass diese Nation sich glücklich preisen darf, wenn ihre Schwimmer den gegenüberliegenden Beckenrand erreichen, ohne zu ertrinken, scheint es unglaublich, dass wir mal einen Mann am Start hatten, der den Amerikanern nicht nur Paroli bieten, sondern sogar davon schwimmen konnte. Der zu den Spielen fuhr, ohne viel Aufhebens sein Ding durchzog und mit ein paar Medaillen zurückkam. Denn das war das eigentlich Sympathische an Michael Groß alias „Der Albatros“: seine Unaufgeregtheit. Während die Reporter am Beckenrand sich ein ums andere Mal überschlugen, peitschte er sich mit seiner enormen Flügelspannweite durchs Wasser, stieg aus dem Becken und ging zur Tagesordnung über. Ein ganz normaler, freundlicher Mensch, der lediglich schneller schwimmen konnte als andere. Mehr war Michael Groß nicht, und mehr wollte er auch nicht sein, auch wenn Jörg Wontorra ihn mit seinem hektisch geröchelten „Flieg, Albatros, flieg!“ in mythische Sphären abzudrängen versuchte. Wie dem auch sei, 84 in Los Angeles sorgte der Albatros für ganz großes Kino:
Eine weitere Goldmedaille hätte Michael Groß für die knochentrockenste Antwort aller Zeiten auf eine dämliche Reporterfrage verdient.
Reporter: „Herr Groß, wie war ihre Taktik über hundert Meter Delphin?“
Groß: „Ich sprang ins Wasser und bin so schnell geschwommen, wie ich konnte.“
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