Anderthalb Jahre, nachdem die geduldigste Gemahlin von allen und ich am ZEITmagazin-Kochwettbewerbteilgenommen haben, haben wir zum ersten Mal das Menü wieder gekocht. Und diesmal hab ich endlich daran gedacht, die drei Gänge zu fotografieren.
Die Vorspeise:
Wie sieht der schlimmste Albtraum eines Hobbykochs aus? Vielleicht so, dass genau in dem Moment, als er nach vollendetem Stoßgebet beginnt, mit zitternden Fingern einen Strudelteig auszuziehen, die Küchentür aufgeht und Wolfram Siebeck reinkommt, um ihm zuzugucken?
Gestern ist dieser Traum genau so bei mir Wirklichkeit geworden, aber dank der Mithilfe der geduldigsten Gemahlin von allen habe ich die Nerven behalten. Und gemeinsam haben wir beim Regionalentscheid des ZEITmagazin-Kochwettbewerbs in Hamburg den zweiten Platz belegt. Wir sind stolz wie Bolle.
Sowie ich wieder etwas Blut in meinem Adrenalin habe, erzähl ich hier die ganze Geschichte von A wie „Abschicken der Bewerbung“ bis Z wie „Zur Hölle mit dem Kernöl, das Zeugs geht jetzt raus!“.
Hamburg ist eine überaus angenehme Stadt, die ich immer wieder gern besuche. Aber ich hab mich noch nie auf einen Hamburgbesuch so gefreut wie auf diesen.
Zu Wolfram Siebeck habe ich immer aufgeblickt. Ich bewunderte den galligen Humor, mit dem er seine Gastro-Kritiken schrieb und den Deutschen wegen ihrer „Plumpsküche“ (herrliche Wortschöpfung) nimmermüde die Leviten las. Mein allererstes selbstgekauftes Kochbuch war von ihm, die Kochschule für Anspruchsvolle, und jahrelang hab ich die Zeit nur wegen Siebeck (und dem Kreuzworträtsel) gekauft. Insbesondere Siebecks Sommerseminare waren früher (80er/90er Jahre) echte Koch-Kracher. Solide und vor allen Dingen einfach zu kochende Gerichte, die gar nicht schief gehen konnten, wenn man beim Einkauf auf die Qualität der Produkte achtete. Ein paar von den Rezepten koche ich heute noch regelmäßig.
Aber wenn ich mir angucke, was Siebeck in seinem derzeitigen Sommerseminar in der Zeit verzapft, dreht sich mir das Hechtklößchen im Magen um: Der Altmeister betreibt lustlosen Etikettenschwindel, wenn er behauptet, die „Geheimnisse der einfachen Küche“ zu verraten. Was soll denn an einer Vinaigrette aus Essig, Olivenöl, Salz, Pfeffer und Senf geheimnisvoll sein? Wo ist bei einem Kartoffelpüree aus weichgekochten Kartoffeln, Milch, Butter und Muskatnuss der Trick, der diese bodenständige Beilage zur Delikatesse adelt? Auch die geheime Zutat zu seiner unvergleichlichen Hühnerbrühe verschweigt Siebeck: Einfach ein Suppenhuhn mit Suppengemüse stundenlang kochen genügt, behauptet der vermeintliche Geheimnisträger.
Was ein Jammer! Denn gerade in der einfachen Küche gibt es immer wieder wahre Schätze zu heben. Auf einen solchen bin ich unlängst bei den Rezepten von Frau Kaltmamsell gestoßen, die diese makellose Perle von Ihrer Tante hat: Ordentlich Olivenöl in den Topf, Knoblauch, Dose kleingeschredderte Pelati und etwas Rosmarin dazu, einköcheln lassen, salzen und pfeffern, dann pro Nase eine Scheibe Rindsroulade dazu, eine Stunde sachte köcheln lassen, paar Streifen rote Paprikaschote dazu, noch 5 Minuten weiterköcheln und fertig. Bei der verehrten Frau Tante gibt’s Reis dazu, ich hab beim ersten Versuch gebratenen grünen Spargel gemacht, geht auch. Geknofelter Blattspinat ist ebenfalls keine schlechte Idee.
Total simpel, aber trotzdem ganz großes Tennis. Wie der frühe Siebeck. Ach ja.