Im heutigen Tagesspiegel liefert Kritiker Jan Schulz-Ojala eine Begründung dafür, dass die deutsche Kritik im letzten Jahr praktisch unisono auf den eigentlich höchst ansehbaren „Parfum“-Film eingedroschen hat.
Davids und Goliaths:
Dass die Kritik mit diesem Film besonders unbarmherzig und mitunter persönlich ungerecht umgegangen ist, hat mit dem Regisseur zu tun – war doch Tom Tykwer, einst größtes Individualtalent des deutschen Films, in den Augen vieler Rezensenten den Weg allen Mainstreams gegangen.
Es ist auf alle Fälle gut zu wissen, dass man als Filmregisseur nicht mehr frei in der Planung und Durchführung der eigenen Karriere ist. Eine Richtung eingeschlagen, die dem Feuilleton nicht paßt, und schon wird man abgewatscht, unabhängig von der eigentlichen Qualität der geleisteten Arbeit.
Das eigentlich atemberaubende an Schulz-Ojalas Statement ist jedoch die Enthüllung, dass Kulturjournalismus die gleichen gruppendynamischen Rituale abzuarbeiten scheint wie eine Kreuzberger WG in den 70er Jahren: Durch mauschelndes Umhören bei preiswertem Rotwein einen Kleinsten Gemeinsamen Nenner herausfinden, diesen zum einzig politisch und moralisch akzeptablen Mainstream erklären und selbigten mit allen Mitteln (Mobbing? Gerne!) durchsetzen, bis alle auf dem gleichen niedrigen Niveau angekommen sind.
Mit dieser Methode hat man es vor 30 Jahren nicht geschafft, die Herrschaft über die Horizonte zu erringen, und mit der gleichen Methode ist – wie sattsam bekannt – auch die deutsche Filmkritik am „Parfum“ gescheitert: Der Film hatte – m. E. vollkommen zurecht – über 5 Millionen Zuschauer.