Gestern waren die liebe Freunde Monika und Reiner da, und ich hab zur Abwechslung mal 3 Gänge Nordhessenessen gekocht.
Angefangen haben wir mit Spanschlauchsuppe. Spanschlauch ist das nordhessische Wort für Porree, und das weiße und gelbe einer solchen Stange reicht für eine Vorsuppe für vier. Der Porree wird in dünne Ringe geschnitten, gewaschen und in etwas Butter angeschwitzt. Paar Speck- oder Schinkenwürfel dazu können nicht schaden. Dann mit einem Glas Weißwein ablöschen, etwas einkochen lassen, ein dreiviertel Liter Hühnerbrühe und einen Becher Schmand dazu, salzen, pfeffern, bißchen Muskat reinreiben, zehn Minuten ein- und weichköcheln lassen.
Das kann man so servieren, man kann aber auch beim Benser vorbeigehen, zwei Blutwürste holen, in Scheiben schneiden, braten und in die Suppe werfen. Die Nordhessen machen das nicht, die haben’s auch zu weit zum Benser. Aber ich mach das immer so.
Als Hauptgang gab’s Dippenickel. Wenn der Koch Dippehase machen will und für gescheite Hasenkeulen durch die halbe Stadt fahren müßte, richtig gute Kaninchenkeulen aber ums Eck zu haben sind, dann macht man eben Dippenickel. Wird ab sofort öfters gemacht. Die Sauce mit Kaninchen kommt viel besser. Und weil die Gäste selber ganz ausverschämt gut kochen können, hab ich die Küchenfolklore mit dem Topfdeckel-mit-Brotteig-Festpappen weggelassen. Wenn man einen gescheiten Bräter mit schwerem Deckel hat, genügt es, ein Stück Alufolie zwischen Topf und Deckel zu klemmen. Dazu gab’s Rotkohl und Klöße und hinterher einen Schlag vor die Stirn, weil ich vergessen hatte, das Dippenickel zu fotografieren, bevor wir es aufgegessen haben.
Zum Nachtisch hab ich mich dann an Fusion-Küche versucht und mit Tirami-Appelbrei einen deutsch-italienischen Crossover hergestellt. Schüssel mit Löffelbiskuits auslegen, mit Espresso und evtl. Amaretto (oder Calvados. Calvados!) beträufeln, darauf eine Schicht selbstgemachten Appelbrei mit Rosinen, und obendrauf die übliche Tiramisu-Creme (500g Mascarpone, 3 Eigelb, 3 steifgeschlagene Eiweiß, bißchen Zucker). Weil ich vergessen hatte, Kakaopulver zu kaufen, habe ich kurzerhand erklärt, dass Kakao und Appelbrei nicht miteinander harmonieren und die Deko weggelassen. War gut.
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Spanschlauch? Kannte ich noch gar nicht. Interessant. Dippenickel auch nicht, was aber auch kein Wunder ist. Prima Name.
Kommt von „Spanischer Lauch“. Unter dieser Bezeichnung versuchte das treffliche Gemüse vor einigen hundert Jahren, in Nordhessen Fuß zu fassen, scheiterte jedoch absehbar an der durchaus kernigen Haltung der Nordhessen allen und allem Fremden gegenüber: „Mir könne onsre Ahle Worscht alleine esse!“ Erst der Abschliff zu Spanschlauch führte zum Triumph des Porree auch in Nordhessen.:)