Ich habe keine Ahnung wie mein Lieblingsgemüse heißt. Oder was es überhaupt ist. Quatsch. Natürlich weiß ich, wie das Zeugs heißt, es heißt Cime di Rapa. Oder Broccoli Raap. Oder Rapini. Oder so. Aber wie es auf Deutsch heißt, bzw. was es hierzulande ist, das weiß ich nicht. Das erste Mal hatte ich Cime di Rapa während eines Amerika-Urlaubs in New York auf dem Teller. Dachte zuerst, es wäre Spinat. Sah auch aus wie Spinat, sind dicke grüne Stengel mit Blättern dran, schmeckt aber ganz anders. Dezent bitter. Nussig, vielleicht ganz zart kohlig… eigen. Ich könnte nicht sagen: „Cime di Rapa schmeckt wie…“ weil das „wie“ fehlt. Ganz eigener Geschmack. Irgendwie… fein. Elegant. Super. Ess ich jetzt dauernd.
Zurück in Berlin begannen die Schwierigkeiten. Wie heißt das Zeugs hierzuorts und wie komme ich ran? „Nu mal halblang, Chris, das ist Berlin, da wird man doch dieses Cim… dieses Raben-Broccoli… dieses italienische Dings doch beschaffen können!“
So? Ich bin schon dran gescheitert, rauszufinden, wie es in unserer Sprache heißt. Nachdem ich diverse Kochbücher und Küchenlexika gewälzt hatte, startete ich meinen ersten Beschaffungsversuch mit „Stengelkohl“. „Hamse Stengelkohl?“ – „Watt? Stengelkohl? Nee, hab ick nich, aber Sie ham wohl eenen an der Mütze!“ Donnerwetter, tadellos, sehn’se, det ist Berlin!
Stengelkohl war’s wohl nicht. Den nächsten Versuch startete ich mit „Stielmus“. „Watt? Stielmus? Hab ick nich, aber ick jeb Ihnen ’nen Rezept dafür. Nehmense Spinat, zermusen se den, und machense ’n Stiel zum Wegwerfen dran. Möjen Sie etwa Spinat?“ Doch, schon. Und eigentlich wollte ich ja… dieses Dingszeugs.
Doch das Dingszeugs blieb unauffindbar. Ich probierte noch Rübstiel und Rübsen und alle Worte, die die deutsche Wikipedia ausspuckte, wenn man nach der lateinischen Bezeichnung für Dings (brassica rapa) sucht. Nur „Rübstiepchen“ hab ich nicht probiert. Diese Breitseite brachialen Berliner Mutterwitzes, die ein Wort wie „Rübstiepchen“ bei einem Berliner Gemüsehändler auslösen würde, wäre wohl zuviel für mich gewesen.
Jahrelang hab ich versucht, Dings zu bekommen. No go. Einmal glaubte ich mich kurz vor dem Ziel. Bei einem ganz reizenden Italiener in der Katzbachstr. (leider schon wieder zu), da wurde ich fündig, da lag Cime di Rapa auf dem Teller. „Wunderbar!“, rief ich, „Was ist das?“ – „Wilder Broccoli!“ bekam ich zur Antwort. Aha. Super. Endlich weiß ich, wie Dings heißt.
Zu früh gefreut. „Wat wollnse? Wilden Broccoli? Juter Mann, ick bin Jemüsefritze, seh ick aus, als ob ick ’n Jagdschein habe?“ Bruhahahaha. Das wars. Wie auch immer das Zeug hieß, das Dings also, auf alle Fälle war es hierzuberlins nicht aufzutreiben.
Bis letzte Woche. Da kam die geduldigste, wunderbarste, hinreißendste Gemahlin von allen nach Hause und schwenkte eine ganze Tüte voll Dings! Aus dem Centro Italia in Marienfelde. Die haben soviel Dings, dass sie es verkaufen müssen.
Für den Anfang: Eine Tüte Dings reicht für 2. Auftauen lassen. Zwiebel, zwei Knoblauchzehen, paar Anchovis kleinschneiden, in reichlich gutem Olivenöl angehen lassen, Dings dazu, durchdünsten, ganz bisschen Brühe angießen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verkocht ist. 5 bis 10 Minuten. Salz, Pfeffer, Zitronensaft. Bei Tisch noch ein Schuss Olivenöl. Dann ist es reines Manna, dieses Dings.
Weitere (englische) Rezepte für Dings gibt es hier und hier.
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Und praktischerweise auch tiefgekühlt.
Friarielli heißen die auch noch und Broccoletti ;), aber Du suchst ja in Berlin.