1963 marschierte ich mit meiner Zuckertüte im Arm in die Struthschule rein, 1975 ging ich mit dem Abiturzeugnis in der Tasche aus der Friedrich-Wilhelm-Schule wieder raus. In diesen 13 Schuljahren1 war ich, ehrlich gesagt, die meiste Zeit nur anwesend aber nicht bei der Sache. Schule eben. Das meiste, was mir in den Klassenzimmern der von mir besuchten Schulen mitgeteilt wurde, habe ich mir gar nicht erst zu merken versucht. Einen Augenblick allerdings gab es, der sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt hat, einen einzigartigen Moment, in dem mir schlagartig klar wurde, dass mir hier nicht irgendein Schulwissen-Quatsch vorgekaut, sondern eine spielentscheidende Lebensweisheit vermittelt worden war.
Es war die erste Chemiestunde in der Obertertia, wir saßen wenig aufnahmefroh im soeben für einen horrenden Betrag renovierten Chemiesaal der FWS, als – leider pünktlich wie immer – unser Chemielehrer Dr. Zöll hereinkam. Routinemäig griff er neben die Tür, um den Lichtschalter zu betätigen. Aber der gewohnte, ihm zweifellos liebgewordene schwarze Drehschalter war durch einen weißen, großflächigen Kippschalter ersetzt worden. Dr. Zöll beäugte diese ultramoderne Vorrichtung misstrauisch wohl eine ganze Minute lang und ging schließlich das Risiko ein, den Schalter zu betätigen. Mehrfach. Licht an. Licht aus. Licht an. Licht aus. Schien zu funktionieren … doch unvermittelt hieb Dr. Zöll plötzlich mehrfach mit der geballten Faust auf den infamen Kippschalter, bis der – funktionslos geworden – aus der Wand herausbaumelte und das Licht sich mit ihm nicht mehr ausschalten ließ. Dr. Zöll nickte befriedigt und sagte: „Alles Neue taugt nichts.“
Diesen Satz habe ich mir gemerkt, er war die Quintessenz dessen, was mir während meiner Schulzeit vermittelt worden war. Veränderung ist schlecht. Drehschalter sind für die Ewigkeit. Amen.
… was für ein vollkommen ungeeigneter Schwachmat …
Offensichtlich auch noch mit nem gepflegten Kontrollverlust-Syndrom unterwegs.
Lehrerprüfung Anfang der 50iger: Revers umdrehen — Innenseite mit Parteiabzeichen der Kommission zeigen — Kommission:“Sie sind eingestellt.“
Gruß
Jens
Ich kenne den Lehrer nicht, aber ich musste über die Geschichte lachen.
Jedenfalls wäre mir die Aktion plus Begründung auch in Erinnerung geblieben. Und das ist ja schon was in meinem Alter.
Wir haben damals alle öfters über den Kerl gelacht, eine Witzfigur par excellence… Allerdings war man in Sachen Numerus Clausus auch von solchen Typen abhängig, das war dann weniger lustig. Wegen ihm in ich in der Oberstufe in den „sprachlichen Zweig“ gegangen, da zählten seine Zensuren nicht mehr. Und es war gut.
Ja, von den Herrschaften, die zwischen 33 und 45 reüssiert und hierarchische Befehlsstrukturen bevorzugt haben, hatten wir in der Tat ein paar Prachtexemplare im Kollegium. Zöll war allerdings, soweit ich weiß, keiner davon.
Die Prachtexemplare gab es bei uns nur bis Ende der 70er. Im Kreis Kusel haben sie nach der Pensionierung ein waches Auge gehabt und die Kripo aus Kaiserslautern gerufen, wenn sich jemand mit längeren Haaren eine Zigarette gedreht hat.
Als nach der Befreiung der Landshut sich Baader, Ensslin und Raspe umgebracht hatten, hat unser Direktor, das letzte verbleibende Prachtexemplar, den Unterricht per Lautsprecherdurchsage unterbrochen und wir haben gejubelt, weil wir zur Feier den Rest des Tages frei bekamen..
Eine Konfettiparade konnte er auf die Schnelle aber nicht organisieren.
Wir scheinen recht ähnliche Lehrkräfte genossen zu haben. Mindestens die Hälfte, vielleicht drei Viertel unseres damaligen Kollegiums hätten auf einer heutigen Schule binnen einerr Woche mehrere Disziplinrverfahren am Hals.