Splitterbrötchen (MXXVII)

Blitzgescheiter Einfall der ZEIT-Redaktion: Bevor man jetzt die täglich erscheinenden Wortiger-Rätsel lösen kann, muss man neuerdings auf „Rätsel lösen“ klicken. So wird alles einfach und klar.

Same procedure as every year: Anlässlich der Veröffentlichung der Besucherstatistiken der subventionierten Bühnen hat der Tagesspiegel sein alljährliches Banausen-Happening veranstaltet, bei dem die kulturlosen Krawallinskis die Abschaffung jeglicher Subventionen für die darstellenden Künste fordern dürfen. Das bedeutet, dass es mehrere schlechte Nachrichten gibt.
Fangen wir mit denen für die ehemaligen Kollegen von der Bühne an: Es wird eng. Die Zahl der Banausen steigt stetig und die Anzeichen, dass sich die Politik ein paar Theater aussuchen wird, um dem pöbelnden Wahlvolk „Handlungsfähigkeit“ zu demonstrieren, wachsen. Bald ist es soweit, die Theater, die es treffen wird, sind dann weg und das Publikum dieser Theater1 ebenfalls. „Dumm gelaufen“, werdet ihr dann wieder sagen und wieder die Klappe halten, bis es euch auch trifft.
Aber noch schlechtere Nachrichten hab ich für die Banausenfraktion: Ihr verursacht Kosten. Kultur ist das bei weitem preiswerteste Mittel zur Barbarei-Abwehr. Wenn ihr euren Willen bekommt, und die Kultursubventionen zusammengestrichen werden, muss an anderer Stelle deutlich mehr Geld ausgegeben werden, um den gesellschaftlichen Frieden aufrechtzuerhalten. Zivilisation gibt’s nicht umsonst, besonders, wenn man die bedeutendsten zivilisatorischen Errungenschaften – also die kulturellen – wegsparen will. Beispiel gefällig? Aber gern.

Damit sich niemand benachteiligt fühlt: Schlechte Nachrichten für Autoren hab ich auch noch,

Okay, der kulinarische Wochenhöhepunkt dient auch dazu, vom Elend der Welt abzulenken.

Eigentlich lag ich selbst mit einem außergewöhnlich wohlgeratenen Risotto vom Bruchspargel mit Erbsen uneinholbar vorn, doch dann stand beim Erstbesuch des außergewöhnlich empfehlenswerten portugiesischen Restaurants „A Telha“ eins meiner Lieblingsgerichte vor mir, Stockfisch auf dem Dachziegel gebacken, mit einem außergewöhnlich delikaten Kartoffelpüree2, da gab ich mich außergewöhnlich gern geschlagen.

Es ist gar nicht so einfach, wie manche denken, eine größere Menge von Menschen richtig auf die Palme zu bringen. Probieren Sie’s einfach mal aus, dann wissen Sie, was ich meine. Wir sollten Künstler, denen das im Alter von 89 Jahren noch gelingt, feiern und nicht verdammen.

Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wäre es einem „Flirtcoach“ beinahe gelungen, mir die „Nase-Nabel-Regel“ zu erklären, bevor meine fliegenden Finger die Fernbedienung erreichten und ich umschalten konnte. Das war knapp!

Es könnte sich als sinnvoll erweisen, mit den zwanzig Regeln betreffs der Tyrannei von Tymothy Snyder vertraut zu sein. John Lithgow bringt sie einem in einmaliger Diktion nahe:

20 Lessons on Tyranny: by Timothy Snyder / read by John Lithgow

(Dank an die geschätzte Frau Kaltmamsell) Snyder und seine Frau Marci Shore werden übrigens nach Toronto ans Munk College gehen. Aus Gründen. Im gestrigen Perlentaucher wird auf ein FAS-Interview mit Mrs. Shore hingewiesen:  „J.D. Vance hatte auf Twitter geschrieben, Snyder, einer der engagiertesten Unterstützer der Ukraine, sei eine ‚Schande für Yale‘. Was dann nicht geschah, dürfte die Entscheidung für Kanada begünstigt haben: ‚Die Uni schwieg. Weder die Verwaltung noch unsere Kollegen an der juristischen Fakultät, die meiner Meinung nach eine besondere Verantwortung haben angesichts der Rolle, die die Yale Law School im Allgemeinen und ‚Tiger Mom‘ Amy Chua im Besonderen in der Erfindung von J. D. Vance gespielt haben – sie war seine Professorin -, haben Tim öffentlich verteidigt.“

Lesefehler der  Woche: „Arthouse-Diät“ statt „Arthrose-Diät“.

 

  1. Die Zuschauer der Theater, die Opfer des „Nachwende-Kahlschlags“ (Freie Volksbühne Schaperstraße, Schillertheater, Tribüne, Berliner Kammerspiele, Hansa-Theater) haben damals ja nicht begonnen, in andere Theater zu gehen, sondern sind einfach verschwunden, aus den Zuschauerräumen und der Statistik.
  2. Über das etwas belanglose Mischgemüse rechts außen schauen wir mal nonchalant hinweg.

Ein Gedanke zu „Splitterbrötchen (MXXVII)

  1. Mit Verlaub; Aber dieses als Risotto bezeichnete Gefräß sieht aus, wie Erbrochenes vom Hund. Zwangsernährt könnte man damit bei Terroristen Geständnisse erzwingen.

    (Ironie aus!)

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