Gestern kam bei Thomas Knüwer irgendwie die Rede auf den klassischen Schundroman, und in der Netzecke brachte Fressack Jerry Cotton ins Spiel. Das brachte prompt den Erinnerungsapparat, den ich zwischen meinen Ohren mit mir herum trage, auf Touren, und der förderte die BSAZ (Beste Schundromanserie aller Zeiten) zurück in mein Bewußtsein. Nein, nicht Perry Rhodan. Ich war zwar ein großer Bewunderer des Großadministrators (bis er sich in einem Gegen-Universum von irgendeinem pangalaktischen Schleimklumpen zum „Ritter der Tiefe“ schlagen ließ, aber das ist eine andere Geschichte), aber für den Titel langt es nicht. Nein, auch nicht „Die Fledermaus“, obwohl sie mir schon wegen der Chuzpe Bewunderung abnötigte, mit der man bei Batman abkupferte sich von amerikanischen Comics inspirieren ließ. Lassiter, der immer „ein Ziehen in den Lenden“ verspürte, wenn er eine Frau sah, war natürlich ebenfalls zu beachten, aber der König der Schundromane war, ist und bleibt für mich: Doc Holliday!
Doc wer? Okay, zugegeben, wie viele meiner Vorlieben ist auch meine liebste Schundromanreihe ein bisschen obskur. „Doc Holliday“ hießen die Heftromane, die zuerst Anfang der 60er Jahre im Kelter Verlag veröffentlicht wurden. Nach 36 Heften fand die Serie ein ebenso frühes Ende wie der Doc selber, den die Tuberkulose ja ebenfalls mit 36 Lenzen dahinraffte. Wobei hier wohl kein pfiffiges verlegerisches Marketing vorlag, sondern schlichtweg das Desinteresse der damaligen Leserschar. Was mich einen Deubel scherte. Ich las die Teile nicht, als sie Ende der 60er Jahre in Neuauflage erschienen, ich verschlang sie. Alle 36 Hefte. Wenn der Doc sich röchelnd vom Spieltisch erhob, um dem nächsten Idioten, der glaubte, schneller ziehen zu können als er, seinen Irrtum nachzuweisen, kannte meine Bewunderung keine Grenzen. Und Schlag bei Frauen hatte er auch noch. Toller Kerl! Oder, wie Wyatt Earp einmal sagte:
Doc was a dentist whom necessity had made a gambler; a gentleman whom disease had made a frontier vagabond; a philosopher whom life had made a caustic wit; a long lean ash-blond fellow nearly dead with consumption, and at the same time the most skillful gambler and the nerviest, speediest, deadliest man with a gun that I ever knew.
Doch das Ende des letzten Hefts verstörte mich ein wenig. Um genau zu sein, nicht das Ende der letzten Doc-Holliday-Geschichte, sondern die sich anschließende editorische Notiz des Kelter Verlages (aus dem Gedächtnis zitiert):
Dies ist das vorläufig letzte Abenteuer in dieser Romanreihe. Denn Doc Holliday muss erst wieder in den Westen reiten und neue Abenteuer erleben, damit wir von ihnen berichten können.
Irgendetwas ist in mir zerbrochen, als ich diese Sätze las. Vielleicht das Raum-Zeit-Kontinuum?
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