Mein Gulasch koch ich seit Jahren nach diesem Rezept, obwohl es genau genommen gar kein Gulasch ist, was am Schluss dabei rauskommt. Wenn ich richtig informiert bin (Und wer kann das bei sogenannten Traditionsrezepten letztlich sein? Wegen der korrekten Zubereitungsweise eines Spanisch Fricco – könnte ich auch mal wieder machen – sind in meiner nordhessischen Heimat die erbittertsten Stammesfehden ausgebrochen.), gehört in ein „richtiges“ Gulasch kein Paprikapulver, sondern lediglich die klassischen Gulaschgewürze Kümmel und Zitronenschale, durch Zugabe von Paprika mutiert das Gulasch nämlich zum Pörkölt. Okay, jetzt hab ich mein angelesenes Wissen abgeladen, jetzt können wir kochen.
An Zutaten brauchen wir für sechs bis acht hungrige Gestalten: ca. 3 Pfund Fleisch, die gleiche Menge Zwiebeln, mindestens 1 Esslöffel scharfes , 1 Esslöffel edelsüßes Paprikapulver, Tomatenmark, einen halben Liter Rotwein (säurebetonten Cotes Du Rhone z. B.) und im Gewürz-Ei tummeln sich Knoblauch, Lorbeer, Piment, Kümmel und Zitronenschale.
Bei der Auswahl des Fleischs muss der Metzger des Vertrauens im wahrsten Sinne des Wortes die Muskeln spielen lassen. Um das dubiose Zeugs, was als Gulaschfleisch über die Supermarkt-Theke geht, mach ich gern einen Bogen, ich kaufe zwei Drittel Rind und ein Drittel Schwein, vom Schwein z. B. den Nacken, vom Rind gern die Wade, und am Fleisch sollten Häutchen, Flechsen und Sehnen sein, also das, was man sonst mit Entsetzen im Blick abschneidet, weil man’s den Gästen nicht zumuten möchte. Mein Gulasch wird stundenlang geschmort, und während dieser Zeit verkochen Häutchen, Flechsen und Sehnen vollständig und geben der Sauce Textur und unvergleichlichen Geschmack. Das Fleisch wird gewürfelt, die Zwiebeln werden geschält und grob zerschnitten.
Auf den ersten Blick erscheint die Zwiebelmenge durchaus gewaltig, aber auch hier gilt, dass die Biester sich während der langen Schmorzeit in Wohlgefallen und Sämigkeit auflösen werden. Nun wird der Schmortopf auf den Herd gesetzt, auf mittlere Hitze gestellt, Fett hineingegeben (Öl, Schweineschmalz, was gerade da ist) und das Fleisch wird portionsweise angebraten. Nur jeweils soviel Fleisch in den Topf geben, dass die Würfel neben- und nicht übereinander liegen, damit sie kein Wasser ziehen. Bei 3 Pfund Fleisch sind das ca. 6 Portionen, und die Anbraterei dauert zwanzig Minuten bis eine halbe Stunde.
Wenn das Fleisch schön braun ist, wird es erstmal beiseite gestellt und die Zwiebeln kommen in den Topf. Die werden jetzt zwanzig Minuten bis eine halbe Stunde lang bei geschlossenem Deckel ins Schwitzen gebracht, bis sie glasig sind. Dann kommt das Paprikapulver und das Tomatenmark hinzu, es wird kräftig gerührt, dass eine satte, rote Pampe entsteht, das Fleisch wird hinzugegeben, gesalzen, gepfeffert, mit dem Rotwein abgelöscht und aufgekocht. Gegebenenfalls fügt man noch etwas Wasser hinzu, so dass Fleisch und Zwiebeln gerade eben noch aus der Flüssigkeit ragen, hängt das Gewürz-Ei rein und lässt das Gulasch jetzt mindestens zwei, gerne zweieinhalb bis drei Stunden lang in Ruhe, während es bei kleinster Hitze vor sich hin simmert. NICHT kocht. Zu große Hitze ist der größte Feind des gelungenen Schmorgerichts, die Flüssigkeit im Topf soll so gerade eben in Bewegung sein, NICHT sprudelnd kochen.
Nach ca. einer Stunde beginnt ein kräftiges, gulaschiges Aroma durch Küche und Wohnung zu ziehen, das immer kräftiger wird, so dass dem Gulaschfreund das Wasser sturzbachartig in den Mund läuft. Das Gulasch ist fertig, wenn man den betörenden Duft nicht mehr aushält.
Standhafte Naturen mit der Selbstkontrolle eines Samurai lassen das Gulasch über Nacht abkühlen und servieren es am nächsten Tag aufgewärmt und erzielen auf diese Weise einen weiteren Geschmacksgewinn. Weichlinge wie ich hauen sofort rein, haben aber soviel gemacht, dass am nächsten Tag noch mindestens eine Portion aufgewärmt werden kann. Mahlzeit!
[tags]Kochen, Gulasch, Pörkölt, Rezept[/tags]
Erstmal: Prost Neuhjahr!
Ist das ein Coteaux du Luberon im Hintergrund?
Mein Bruder Adlerauge hat seinem Namen alle Ehre gemacht. Howgh, ich habe gesprochen.
Gibt’s heute bei mir. Der belgische Supermarkt hatte sehrschönes Angus Beef im Angebot. Der Rest ist immer im Haus :-)
Gutes Gelingen! Und reichlich Küchenwein!