Ach, wie ging’s uns wieder gut, dieses Jahr in Podersdorf. Seit über zwanzig Jahren verbringen wir unseren Urlaub hier, seit ebenso langer Zeit sind wir Stammgäste in den hiesigen Restaurants. Da ist es unausbleiblich, dass Rituale entstehen, Nachdem wir unsere Koffer ausgepackt hatten, kam gleich das erste: Wir gingen – natürlich, in einen Heurigen, um das erste Speckbrot und den ersten Welschriesling zu genießen…
… im Laterndlkeller war das, wo man auch einen ausgezeichneten Schafskäse aus der Region auf den Tisch bringt…
… sowie ein herrlich aromatisches, mit Käse überbackenes Blunzenbrot, das ich zwar fotografiert habe, aber nicht herzeigen mag, weil’s lange nicht so gut aussieht, wie’s geschmeckt hat. Gute Speckbrote mit fabelhaften Welchriesling gab’s natürlich auch anderswo…
… im Jagakölla zum Beispiel, mit reichlich scharfen Pfefferoni…
… aber den Speckbrot-Oscar holte in diesem Jahr der Holzapfel vom Tschisti mit dieser specktackulären Performance. Unser Lieblings-Heuriger, in dem wir die meiste Zeit verbracht und den meisten Wein getrunken haben, waren – obwohl sie kein Speckbrot auf der Karte haben – natürlich wieder die Podersdorfer Weinstuben…
… wo es zu einem wunderbar strukturierten Sauvignon Blanc diese Platte mit Spezialitäten aus dem Seewinkel gab. Mein dortiges Leibgericht, ein Salat mit Ziegenkäse vom Hautzinger in Tadten, Birnen und Nüssen ist leider genauso wenig fotogen wie das oben erwähnte Blunzenbrot, sodass der Leser ihn sich vorstellen muss, genau wie die überaus angenehmen Gespräche mit Herrn Lentsch, auf die wir uns sogar noch mehr freuen als auf das nächste Glas vom Zweigelt. Und obwohl es in den Weinstuben „nur“ kalte Heurigen-Küche gibt, überraschen sie einen immer wieder mit scheinbar einfachen Gerichten von höchster Delikatesse…
… wie zum Beispiel diesem scheinbar simplen Nudelsalat mit Geselchtem, der aber durch eine Sauce aus 1/3 Mayonnaise, 1/3 Sauerrahm und 1/3 pürierten weißen Bohnen eine herrliche Struktur bekommen hatte. Und noch ein Heuriger gehört zum Podersdorfer Ritual-Repertoire: der Haider an der Straße nach Frauenkirchen, der neben sehr, sehr gutem Wein und den üblichen Heurigen-Verdächtigen auch ein paar warme Gerichte auf der Karte hat. Meistens bestellen wir die gebratene Blunzen mit Erdäpfel-Vogerl-Salat, aber diesmal durchbrach ich kühn das Ritual-Korsett und bestellte…
… ein warmes Ei-Aufstrich.Brot mit knusprigen Grammeln. Ich hab’s nicht bereut, im Gegenteil!
Kommen wir zum nächsten Ritual.
… dem Cordon Bleu (hier das aus dem Seehotel Herlinde). Im Seewinkel wird – wie im ganzen Burgenland – ausschließlich Cordon Bleu vom Schwein1 serviert, und besser kriegt man es nirgends sonst. Weswegen ich’s nur im Podersdorfer Urlaub bestelle, dann aber mehrfach. Den Originalitäts-Vogel schoss in diesem Jahr der Gasthof Kummer ab…
… der mit der ausgezeichneten Idee, mit Speck und Zwiebel statt Schinken in der Füllung, einige Originalitätspunkte einheimsen konnte, die ich ihm jedoch wegen schwülstigem Speisekarten-Kitsch wieder abziehen musste: Er hatte dieses ansonsten untadelige Gericht als „Puszta-Geheimnis“ auf die Karte gesetzt. Musste das wirklich sein, lieber Herr Kummer? Schwamm drüber, es war ausgezeichnet, aber der Meister aller Cordon-Bleu-Klassen kam dieses Jahr…
… wieder aus Jupps Bierstüberl. Majestätisch in Geschmack und Portion, der Beilagensalat hat nicht mehr aufs Foto gepasst. Beim Jupp waren wir natürlich nicht nur einmal, ein weiteres kulinarisches Ritual musste absolviert werden…
… die Mangalitza-Schinken-Platte. Ansonsten hatte der Jupp dieses Jahr zusätzlich zu seinen Klassikern noch ein paar sehr erfreuliche burgenländische Deftigkeiten auf der Karte…
… wie zum Beispiel diesen Mangalitza-Kochschinken auf Rahm-Fisolen und eine…
…Kaspressknödel-Suppe zum Niederknien. Zur Abteilung „liebgewonnene Rituale“ gehört natürlich auch der Seehof Gisch…
… mit seinem gebratenen Zander auf Zitronengras-Risotto. Ein ähnlich delikates, aber doch ganz anderes Gericht mit gebratenem Zander serviert…
… Herr Homola im Sporthotel. Der legt das ebenso knusprige wie saftige Zanderfilet auf buttrig gekräuterte Linguine. Ein Gedicht, nicht mehr, nicht weniger. Nächstes Ritual: Auf der wunderbaren Terrasse vom Seewirt Karner sitzen, die einmalige Aussicht auf Strand, Mole und Leuchtturm genießen und was Gutes essen, zum Beispiel…
… einen wunderbar zarten Schweinsbraten vom Mangalitza mit Paprikaerdäpfeln und Gurkensalat. Aber auch fleischlos können Sie gut beim Karner, da haben sie immer mehrere Gerichte auf der Karte. In diesem Jahr…
… hab ich mir das Safran-Risotto mit Grana und aromatischen Oliven bestellt. Erst wunderte ich mich, dass das Risotto eher defensiv-milde abgeschmeckt war, doch zusammen mit den kräftigen Oliven und dem würzigen Grana ergab sich eine höchst angenehme Geschmackskombination. Gut, bei den Podersdorfritualen sind wir jetzt bei den kulinarischen Schwergewichten angelangt, dem Lokalaugenschein und dem Gasthaus zur Dankbarkeit. Im Lokalaugenschein wird auf ähnlich hohem professionellen Niveau gekocht wie in der Dankbarkeit, jedoch war man bisher in Richtung Modernität deutlich ambitionierter. In der Dankbarkeit wird seit Jahrzehnten die klassische pannonische gepflegt, das Lokalaugenschein ist ambitionierter und bietet eine deutlich modernere Küche, wie man sie eher in der Großstadt erwarten würde. Um die Podersdorfer und ihre Gäste nicht zu verschrecken, gibt’s natürlich Wirtshausklassiker wie das Schnitzel, den Gulasch oder den…
…Tafelspitz mit Semmelkren und Röstkartoffeln, der jedoch ganz eigen und delikat interpretiert wird. Auf dem Boden des tiefen Tellers kontrastieren der samtige Semmelkren und die sehr knusprigen Kartoffeln, und obendrauf liegt der warme, aber hauchdünn aufgeschnittene Tafelspitz. Was für eine tolle, elegante Neuinterpretation! Noch moderner geht es bei den Etageren zu, die als Hauptgericht für jeweils 1 Person konzipiert sind. Auf denen werden 4 bis 5 kleine Spezialitäten vor einen hingestellt, es gibt sie vom Fisch, vom Rind, vom Huhn, vegetarisch, vegan und süß. Ich hab die vom Rind bestellt…
… und die war wirklich ganz großes Gaumen-Kino, aber – man sieht’s – fotografisch nicht erfassbar. Man hätte die Gerichte einzeln nacheinander fotografieren müssen, aber da ich zum Essen und nicht zum Fotografieren da war, mag dieses Bild genügen.
Auch die fotografische Umsetzung dieser lapidar als „Fischsemmerl“ bezeichneten Vorspeise wird der Delikatesse des Gerichts nicht gerecht: knusprig-warm aufgetoastetes Käsebrötchen, geräucherter Wels, verschiedene aromatische Salate und eine köstliche, hausgemachte Knoblauch-Mayo verschmolzen zu einer sensationellen Komposition. Beinahe hätte ich mir den Hauptgang geschenkt und ein zweites Fischsememrl verdrückt.
Kommen wir zu meinem Lieblingsrestaurant, der Dankbarkeit… aber nein. Wir waren dreimal da. Da mach ich ein Extra-Posting draus.