Das kommt mir livisch vor

Seit heute weiß ich, dass ich den Kampf gegen die Altersparanoia möglicherweise verlieren werde. Diese bittere Erkenntnis kam mir bei der Lektüre eines Artikels über bedrohte Sprachen im heutigen Tagesspiegel. Unter anderem las ich dort, dass nur noch ein einziger Lette die Sprache Livisch beherrsche.
Ich weiß nicht, was andere Zeitungsleser gedacht haben, als sie von dieser interessanten Tatsache lasen. Der eine hat vielleicht erwogen, ein Komitee zur Rettung der livischen Sprache ins Leben zu rufen. Einem anderen ist vielleicht die Idee zu einem an ältere Hitchcock-Filme erinnernden Drehbuch gekommen, in dem ein in livisch geschriebenes Geheimdokument jenem Letten eine zentrale Rolle in einem weltumspannenden Agentenwettrennen zuweist.
Da ich offensichtlich doch der Sohn meines Vaters – eines Mannes, der das Misstrauen gegen Gott und die Welt zur eigenständigen Kunstform erhoben hatte – bin, war meine Reaktion eine ganz andere. Das erste, was mir durch den Kopf schoss, war: „Wenn dieser Kerl angeblich der letzte auf der Welt ist, der livisch spricht… wer hat das eigentlich überprüft? Und – verdammt noch mal – wie?“

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Splitterbrötchen (LXXXVI)

Man merkt, dass man älter wird auch daran, dass man Übung im Kondolieren bekommt.

Als ich im aktuellen Tchibo-Sortiment „Teebeutel-Boxen“ ausmachte, dachte ich spontan „Das ist ja praktisch!“ und lachte anschließend gellend & irre. Ich bin immer noch stolz auf meine adäquate Reaktion.

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Tote Hose

Nur ein paar Fragen, chér Effjott, angesichts der unsterblichen Zeilen, die Sie heute veröffentlicht haben:

Es erstaunt mich überhaupt nicht, dass Schiesser pleite geht. Die Unterhose des Mannes hat keine gesellschaftliche Bedeutung. Weil es die Mama-Unterhose ist, weil die Unterhose der Bestandteil der Emanzipation ist. Am glücklichsten über die Pleite von Schiesser werden die Frauen sein.
Endlich haben sie ihren Mann ohne Unterhose.

  1. Ist es sehr spät geworden, gestern Abend in der Paris Bar?
  2. Haben Sie wieder den alten Streit mit Udo („Slip oder Boxer“) aufgewärmt?
  3. Gab’s anschließend – wie immer – reichlich Versöhnungsgrappa?
  4. Haben Sie dann, auf dem Nachhauseweg, noch so einen kleinen Schlenker gemacht, in die Siewissenschon-Bar?
  5. Und ist Ihnen später daheim aufgefallen, dass Sie dort vergessen haben, ein bestimmtes Kleidungsstück wieder anzulegen?

Ich frag ja nur. Nix für ungut.

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Splitterbrötchen (LXXXV)

Eigentlich dachte ich, dass mich keine Suchmaschinenanfrage mehr verblüffen kann. Allerdings… nun ja, die Suche nach „Automechanikertorte“ ist natürlich herzallerliebst. Wenn es dem Mechaniker gelingt, alle Zündkerzen auf der Torte auszupusten, darf er sich was wünschen, nicht wahr?

Früher oder später musste es soweit kommen: Ein offenbar vollkommen merkbefreiter Beta- bis Alpha-Blogschmreiber bezeichnet Cut & Paste als „neue Kulturtechnik“. Da kann man dem digitalen Feuilleton nur eine große Zukunft prophezeien.

Und schließlich schickte mir ein gewisser Ottokar Lehmann per Mail eine frohe Botschaft: „Wir verwandeln ihr einfaches Schreibvermögen in ein professionelleres.“ Das freut mich natürlich sehr.

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Splitterbrötchen (LXXXIV)

Das Bücherlesen scheint tatsächlich auszusterben. Wird schwer werden ohne.

Es muss wirklich nicht immer Leberwurst sein, aber etwas namens „Bio-Bärlauch-Streich“ (!) von einer Firma namens „Zwergenwiese“ (!) würde ich mir nur in einer akuten Notlage auf die Stulle schmieren. Korrigiere mich: Nein, auch dann nicht!

Twitter ist ein Zeitvertreib für Nerds mit Konzentrationsdefiziten, sonst nix.

Das Konzept der „Bad Banks“ finde ich toll. Kann man bei so einem Laden eigentlich unbürokratisch ein Giro eröffnen? Mit ’nem richtig fetten Dispo?

Es gehört Format dazu, zu erkennen, dass man kein Format hat. Deshalb ist Selbsterkenntnis niemals eine kleine Leistung.

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Massenkorruption

173.000 Mitarbeiter soll die Bahn auf Korruption hin überprüft haben. Da fragt man sich, wie das funktionieren konnte, ohne einen vollkommen idiotischen Aufwand betreiben zu müssen. Um jeden einzelnen auch nur 10 Minuten lang zu überprüfen, würde man über 28.000 Arbeitsstunden benötigen, und während dieser Zeit mussten ja auch noch ein paar Züge durch die Gegend gefahren werden… Wie hat die Bahn das gemacht?
Mir fällt als hundertprozentig effiziente Lösung nur ein Multiple-Choice-Fragebogen ein, der die Überprüfungsdauer auf wenige Sekunden pro Person reduziert:

Sind Sie korrupt?

  1. Ja
  2. Nein
  3. Wieviel wäre Ihnen eine ehrliche Antwort denn wert?

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Splitterbrötchen (LXXXIII)

Nach dem ich gelesen habe, dass es im Cockpit der im Hudson notgelandeten Maschine nach verbrannten Vögeln gerochen hat, werde ich nie wieder an einer Hähnchenbraterei vorbeigehen können, ohne an eine Notwasserung denken zu müssen.

Kann mir irgendjemand schlüssig erklären, warum der Ziegenbart wieder in Mode gekommen ist?

Weiß Frau Siegel eigentlich, was sie angerichtet hat? Wenn man mit Rückenproblemen zum Arzt muss, versichert man seit neuestem ungefragt, kein Simulant zu sein.

Die ARD-Rundfunkräte sind in heller Aufregung, weil Oli Pocher am letzten Donnerstag bei „Schmidt & Pocher“ Wehrmachtsuniform und Augenklappe getragen hat. Warum richtet sich der rundfunkrätliche Zorn nicht auch gegen Harald Schmidt, den man ja in dieser Causa mindestens als Mitläufer Mitsitzer bezeichnen muss? Erinnern sich die ARD-Granden daran, dass Schmidt gelegentlich gern den Hitler gibt? Haben sie deshalb Angst vor ihm?

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Drei, zwei, eins… Freund!

Gestern abend hat Giulia Siegel das Dschungelcamp verlassen. Nachdem sie relativ kurz zuvor noch eine ziemliche Gelenkigkeit erfordernde Kamasutra-Stellung demonstriert, eine Kollegin nach einem Jubelsprung aufgefangen und sich stundenlang auf dem harten Lehmboden eines sogenannten Dschungeltelefons gesuhlt hatte, klagte Frau Siegel verständlicherweise über Rückenschmerzen und begab sich in medizinische Behandlung.
Bereits während ihres Aufenthalts im Dschungelcamp wurden deutschlandweit Zweifel an der mitmenschlichen Kompetenz von Frau Siegel geäußert. Nur zu verständlich. Wer Greisinnen ihr Obst neidet, kurzerhand erprobte Wortdefinitionen („vegetarisch“) situativ erweitert („Ich bin auch Vegetarier, ich esse nur Huhn. Und Pute. Und manchmal Rind.“) und Zoff mit niedlichen Tamagotchis wie Frau Zambo anfängt, gerät schnell in den Verdacht, sagen wir es freundlich, sozial stark herausgefordert zu sein.
Wie immer ist die Wahrheit wesentlich schlimmer. Die heile Welt des Schlagerkönigreichs, in dem Frau Siegel aufgewachsen ist, scheint nur Fassade gewesen zu sein, eine Fassade, die ein ratloser Ralph Siegel („Ein bisschen Frieden“) mühsam und mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand aufrecht erhalten hat. Die letzte Antwort, die Frau Siegel in einem auf dem Internetportal „Patienten wie ich“ (sic!) veröffentlichen Interview gibt, reißt diese Fassade nieder und gewährt uns einen erschreckenden Einblick in ihr Privatleben.

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Offenkundig war Frau Siegel bereits vor Ihrem Aufenthalt im australischen Dschungel sozial isoliert. Besorgniserregend isoliert. Dermaßen besorgniserregend isoliert, dass ein verzweifelter Ralph Siegel versucht hat, seiner Tochter bei einem Online-Auktionshaus einen Freundeskreis zu ersteigern.

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Rebootcamp

Einer der PCs in unserem Büro pflegte alle drei bis vier Stunden einen Neustart hinzulegen. Plötzlich, ohne Vorwarnung, hat das Biest einfach neu gestartet und dann die schicke Fehlermeldung „Windows wird nach einem schwerwiegenden Fehler neu ausgeführt“ angezeigt. Wenn man sich dann den Fehlerbericht anzeigen ließ, meldete Windows ein Problem mit der CAPI und empfahl, von der Website des Anlagenherstellers den neuesten Treiber zu laden.
So weit, so gut. Das klang plausibel. Am fraglichen PC hängt tatsächlich die ISDN-Anlage, dann tauschen wir halt die capi20.sys, wenn Windows muckt. Blöd nur, wenn da nix zu tauschen ist, weil der neueste Treiber schon auf dem PC ist. Wenn niemand, wiederhole niemand in der großen weiten Welt von ISDN und Internetz mit diesem Treiber Probleme hat.
Was macht man dann? Nun, man googelt ein wenig herum, sucht nach „IDN-Anlagen-Name Reboot“ und ähnlichem und probiert die dollsten Sachen aus. Anlagensoftware deinstallieren, neuinstallieren, hilft auch nix, mit den IP-Adressen des Routers spielen, undsoweiter, undsofort, so geht fröhlich Stunde um Stunde ins Land, die man eigentlich geldverdienenderweise verbringen sollte, und das Dreckding rebootet immer wieder. Es ist ihm nicht auszutreiben.
Und dann hab ich den USB-Stecker der ISDN-Anlage am PC rausgezogen und drei Millimeter weiter an einen anderen USB-Port gesteckt. Und seitdem rebootet das Ding nicht mehr. Es funktioniert plötzlich, wie es soll.
Kann mir irgendjemand erklären, woran das liegen kann? Kann mir irgendjemand erklären, wie man auf so etwas kommen soll? Kann mir irgendjemand erklären, wo meine vergeudete Lebenszeit geblieben ist?

[tags]IT Schwachsinn Lebenszeitvergeudung ISDN CAPI USB[/tags]

Splitterbrötchen (LXXXII)

Der „Schlesische Schwan der Woche“ geht an Tanja Buntrock und Sandra Dassler vom Tagesspiegel. In eine Reportage über die Schießerei in Schönfließ den Satz „Acht Kugeln flogen durch die kalte Nacht.“ hineinzuschreiben, zeugt von einem unbeugsamen, geradezu Friederike-Kempner’schen Willen zur Poesie am nicht erwarteten Ort. Weiter so!

Wenn man dem Feuilleton glauben schenken darf, hat Ostermeier an der Schaubühne „John Gabriel Borkman“ als Kommentar zur Wirtschafts- und Finanzkrise inszeniert. Wieso fallen Regisseuren und Kritikern zu aktuellen Themen immer wieder Stücke ein, die über 100 Jahre alt sind?

Nichts ist beliebiger als eine Beschwerde über die Beliebigkeit unserer Zeit.

Skandal: RTL schweigt in beiden Jubiläums-Shows den größten Entertainer tot, den dieser Sender je hervor gebracht hat – Horst Brack, den Bestrafer!

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