WAU, SPD!

Das WAU ist eins der sympathischsten Gasthäuser Kreuzberg, was zu je einem Drittel dem Getränkeangebot, der freundlichen Bedienung und der SPD geschuldet ist.
Die SPD Kreuzberg-Friedrichshain hatte uns nämlich ins WAU eingeladen, weil sich uns dort ihr Direktkandidat für die Bundestagswahl 2009, Björn Böhning vorstellen wollte. Um 21 Uhr sollten wir uns bitteschön im WAU einfinden, für den Rest würden die SPD und besagter Böhning sorgen.
Pünktlich um 21 Uhr trafen wir ein, betraten eine überraschend leere Kneipe und nahmen an einem leeren Tisch Platz. Eine freundliche Service-Kraft näherte sich uns, um mit düsterer Miene etwas von einer „geschlossenen Gesellschaft“ zu murmeln. Als wir mitteilten, dass die SPD uns eingeladen hätte, hellte sich die Miene der Service-Kraft auf, die uns erfreut mitteilte, dass wir „Urquell, Ayinger und Riesling“ auf Kosten der SPD ordern könnten. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen, orderten ein Potpourri des genannten und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Zunächst einmal kamen die Getränke, etwas später dann noch ein paar verwirrte Gäste und gegen 21 Uhr 30 fanden sich dann auch zwei Jusos ein, die erstmal vor dem Herrenklo weltmännisch ein paar Zigaretten wegrauchten und anschließend aufgeregt an einer Mikrofonanlage herum schraubten.
Um kurz vor zehn hatte die Bedienung begonnen, uns unaufgefordert Nachschub zu bringen (der Riesling war wirklich ganz ausgezeichnet), von der SPD (die Jusos hatten wieder Rauchposten vor dem Lokus bezogen) hatte sich immer noch niemand blicken lassen, und ich hatte gerade meinen iPod hervorgekramt, um endlich die ungehörten Podcasts der letzten Wochen abzuhören. Da traf überraschenderweise Sascha Lobo ein. Ich winkte ihm leutselig zu, Lobo grüßte verwirrt zurück (wir kennen uns nicht), ließ sich ein Ayinger bringen und wurde umgehend von ein paar Getreuen umrundet. So verging der weitere Abend wie im Fluge: ich hörte mir Quatsch auf dem iPod an, Lobo schmiedete zwei Tische weiter hochfliegende Pläne und erzählte seinen Fans IT-Schnurren, die geduldigste Gemahlin von allen löste Sudokus im Minutentakt und die konditionsstarke Bedienung des WAU sorgte für reichlichen Getränkenachschub.
Irgendwann gegen elf fiel mir auf, dass die Kreuzberger SPD sich immer noch in lastendes Schweigen hüllte. Keine Begrüßung der mittlerweile doch ziemlich zahlreich vor sich hinbechernden Gäste, keine Erklärung für Böhnings Verspätung, keine Ankündigung, wann er denn endlich eintreffen und uns mit wohlgesetzten Worten für die Sache der Sozialdemokratie einnehmen würde. Ich entschloss mich zu einer Expedition in die Nebelbänke vor dem Herrenklo, wo ich mich mit bereits leicht unsicherer Zunge nach dem Verbleib des Spitzenkandidaten erkundigte. Worte wie „Vorstandssitzung“, „Strategiegespräch“ und „so bald wie möglich“ drangen an mein Ohr, ich zog mich voll der Bewunderung zurück und erreichte unseren Tisch, wo frischer Riesling auf mich wartete. „Prost“, sagte ich, und die geduldigste Gemahlin konterte mit „Kommt er denn irgendwann?“ „Irgendwann bestimmt“, erwiderte ich wolkig, und die geduldigste Gemahlin schloss messerscharf: „Bevor der kommt, sind wir betrunken.“ „Das bin ich jetzt schon!“ gestand ich freimütig, und so entschlossen wir uns zum Aufbruch.
Flehendes Bitten der Bedienung, doch noch „auf ein letztes Gläschen“ zu bleiben, wiesen wir zurück, stattdessen winkte ich abschlingernd dem immer noch dampfplaudernden Lobo zu, der mit der Telefonhörer-Geste andeutete, mit mir telefonieren zu wollen (bis heute nicht geschehen, wir kennen uns und unsere Telefonnummern ja nicht), dann umfing uns die kalte Nachtluft und wir machten uns auf den Nachhauseweg, begeistert vom Getränkeangebot des WAU und der gewandten Freundlichkeit seiner Bedienung, begeistert aber auch von Björn Böhning und der SPD Kreuzberg-Friedrichshain, die durch ihre vornehme Zurückhaltung viel zum Gelingen dieses Abends beigetragen haben.

Auch auf qype veröffentlicht.

[tags]WAU SPD Kreuzberg[/tags]

Der Tod des Khan

Ricardo Montalbán ist gestorben. Er hat nicht nur den inspiriertesten Schurken der Star-Trek-Serie gegeben, er war auch einer der wenigen Schauspieler, die William Shatner bei einem Wett-Outrieren die Stirn bieten konnten. Wahrlich keine kleine Leistung.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=s0gk3AXEKUE[/youtube]

[tags]Montalbàn Shatner Star Trek[/tags]

Splitterbrötchen (LXXXI)

Immer wieder erstaunlich, nach was die Menschen bei Google suchen: „Skischuhe angießen“

Wenn man mal dringend einen Scharlatan braucht, sollte man einfach in ein Business-Netzwerk schauen. Da findet man sofort einen.

Viele Menschen mögen das „Dschungelcamp“ für blödsinnig halten. Ich jedenfalls kenne keine andere aktuelle Sendung, die so liebevoll und detailversessen gemacht wird.

Apropos Dschungel: Nobert Schramm scheint in irgendeinem Shaolin-Kloster die Kunst erlernt zu haben, sich unsichtbar zu machen. Cleverer Schachzug für die Zeit nach der Sendung: „Wie? Ich soll im Dschungelcamp gewesen sein?“

Im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise hört man immer wieder den Vorschlag, es müsse „alles neu überdacht“ werden. Das ist sicherlich gutgemeint, letztlich aber Quatsch. Wenn alles neu überdacht wird, gibt das zwar einen Schub für die Bauwirtschaft und bei Regen werden weniger Leute nass, aber die strukturellen Probleme bleiben trotzdem ungelöst.

[tags]Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

Ein Stück vom Paradies

Im KaDeWe, vor ca. 30 Jahren.

„Hier, probier mal…“
„Nee, danke, ich ess doch nix Süßes.“
„Das MUSST du probieren.“
„Nee, keinen Bock. Ist du ruhig deine Torte, dann gehen wir zur Fischabteilung…“
„Du probierst jetzt!“
„Lass gut sein. Torte ist Kuchen, und Kuchen ist Torte. Ist mir wurscht.“
„Wenn du jetzt nicht sofort ein Stück probierst, mümmel ich solange an der Torte rum, bis die Austern alle sind!“
„Okay, nur damit du Ruhe gibst…“

„Und?“
„Das ist ja wahnsinnig. Wie heißt das?“
„Das ist eine ‚Charlotte Cecile‘.“
„Unglaublich. Einfach unglaublich. Äh, Frollein, ich nehm auch so ein Stück!“
„Ich denke, du magst keinen Kuchen?“
„Das ist kein Kuchen, das ist keine Torte, das ist ein Stück vom Paradies. Frollein, machen Sie gleich zwei Stück für mich!“

Am 8. Januar ist Gaston Lenôtre gestorben.

[tags]Patisserie Lenôtre Paradies Süßkram[/tags]

Rattanbettgeflüster

Sehr geehrte Dame bzw. sehr geehrter Herr!

Das war ein Fehler von Fa. Google, dass Sie hierher geleitet wurden, als Sie nach „Rattanbett  Geräusch“ gesucht haben. Ich hab hier vor Unzeiten mal einen Beitrag geschrieben, in dem meine alte Wohnung in der Skalitzer Straße vorkam, in der stand ein Rattanbett, und da fuhr auch die U-Bahn vorbei, und die machte gewaltig Geräusch.
Tja, dumm gelaufen, aber was fang ich mit Ihnen an, jetzt, wo Sie hier sind? Wissen Sie was? Ich helfe Ihnen. Ich kenn ja diese nervigen Geräusche auch, die so ein Rattanbett macht. Die bekommen Sie aber ganz einfach in den Griff, in dem Sie die Schrauben, die Ihr Rattanbett zusammenhalten, durch sogenannte Feingewindeschrauben ersetzen. Ab sofort macht Ihr Bett keinen Mucks mehr, versprochen. Wenn Sie katholisch sind, können Sie’s natürlich auch mit Enthaltsamkeit probieren.

Tschö, der Chris

[tags]Rattanbett Geräusch Feingewindeschrauben Katholizismus Lebensfeindlichkeit Dahergelaber[/tags]

Granatendepp

Würde der Granatendepp, der ständig bei uns im Büro anruft, dessen Nummer mit 018052145210 im Display unserer Telefone erscheint und der sofort auflegt, wenn sich jemand meldet, dass bitte endlich unterlassen? Nein, wir werden nicht zurückrufen. Wir sind nicht so blöd wie die Menschen, die sich eine solche Masche ausdenken.

[tags]Vollidioten Telefon Abzocker Ungeheuer![/tags]

Anstecker?

Langsam wird’s unheimlich. In den letzten zwei Tagen habe ich in der U-Bahn-Linie 7 dreimal den gleichen, fürchterlich erkälteten Mann getroffen. Der Kerl hustete, schniefte und schnob ausdauernd in zahllose Papiertaschentücher, dass er einem fürchterlich leid tat. „Geh ins Bett, Mann Gottes, und kurier dich aus!“, wollte man ihm zurufen.
Das Verhalten dieses Mannes wirft natürlich Fragen auf. Warum fährt der Typ trotz seines Zustandes ausdauernd U-Bahn? Und warum immer mit der Linie 7?
Dass er sich auf diese Linie beschränkt, legt den Schluss nahe, dass diese Linie ihm als Territorium zugeteilt wurde. Und da die geduldigste Gemahlin von allen bereits mit einer gewaltigen Erkältung geschlagen ist und auch ich bereits ein Kratzen in den Atemwegen verspüre, bleibt eigentlich nur eine Erklärung übrig: der Mann ist im Auftrag eines Grippemittel produzierenden Pharma-Unternehmens unterwegs und geht dem neuartigen Beruf des „Ansteckers“ nach.
So weit, so gut. Was ich jetzt noch wissen möchte: Ist er fest angestellt oder Freelancer? Bekommt er Stundenlohn, Provision, Tantiemen oder Kopfgeld? Braucht man eine entsprechende Ausbildung oder genügt Talent?

[tags]Erkältung Ansteckungsgefahr Paranoia Arbeitsmarkt Ungeheuer![/tags]

Enthüllt

Mensch, Effjott,
da ist Ihnen nach Jahren, Quatsch, nach Jahrzehnten endlich mal wieder ein richtiger Scoop gelungen! Während alle Welt von A-Z, von Polizei bis Presse, sich noch fragt, wie der Althaus-Ski-Unfall überhaupt passieren konnte (Pistenrand, erfahrene Skifahrer, beste Sichtverhältnisse) sind Sie ganz allein hinter des Rätsels Lösung gekommen und teilen sie -  Maupassant wie immer – den Lesern ihrer Kolumne mit:

Um diese Zeit begab sich eine 41-Jährige Frau, die vor einem Jahr ein Kind bekommen hat, auf die Piste. Sie ist eine großartige Frau. Sie ist eine Slowakin, die in Amerika lebt. Sie hat nur eine Mütze auf.

Klar, dass Althaus vollkommen baff war, als er sie sah, alles um sich herum vergaß und volle Kanne Susanne in die Nackerte hineinbretterte. Danke, dass Sie mit all den haltlosen Spekulationen Schluss gemacht haben!

[tags]Wagner Ski-Unfall Denkkreppel Sprachmißbrauch Ungeheuer! [/tags]

Splitterbrötchen (LXXX)

Das Telefongespräch der Woche belauschte ich am 31. 12. 08 zur Mittagsstunde im Coffeeshop im Bahnhof Göttingen. Ein mit am Tisch sitzender, in eleganteste Freizeitkleiidung gehüllter junger Mann hatte einige Minuten an seinem Netbook herumgefummelt, dann griff er zum Blueberry und wählte eine Nummer aus dem Speicher. Als sich jemand meldete, verlangte er „eine abgesicherte Leitung“ und wurde mit jemandem – vermutlich einem Vorgesetzten – verbunden, den er „Sire“ (englisch ausgesprochen) titulierte. Einer seiner nächsten Sätze war „Meine eigene Vernichtung habe ich für kommenden April geplant.“ Solchen Leuten hört man doch gern beim Telefonieren zu.

Wenig später im Zug demonstrierte ein junger Mann, wie man mit einem einzigen Satz eine an sich banale Situation mit dramatischer Spannung aufladen kann. Ca. drei Minuten vor der Einfahrt in den Berliner Hauptbahnhof sagte er: „Ich würd jetzt gern raus, ich muss dringend furzen.“ Da ging ein Ruck durch die Menschen, die ihm zuhörten.

[tags]Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

Safety first!

Danke für die Info! Und was passiert, wenn ich den Früchtetee – sagen wir mal – 8-10 Minuten lang ziehen lasse? Wie unsicher ist dann das Produkt, das ich in der Tasse habe? Und was ist es dann? Zyankali? Spaltbares Uran? Wein aus geografischem Anbaugebiet der EU?

[tags]Tee Aufkleberunfug Dummbeutelei Ungeheuer![/tags]