Die Mutter aller Ei-Brötchen

Das Spitzenback in der Großbeerenstr. ist ein durchschnittlicher Discount-Bäcker mit einem herausragenden Angebot. Durchschnittlich, weil es das gibt, was es bei anderen Discountbäckern auch gibt: vorgebackene Brötchen, die im Laden fertig gebacken werden, einen Haufen Kuchenzeugs, das ich nicht esse, eine Kaffeemaschine, diverse Mitarbeiterinnen, die gelegentlich mangelnde Kompetenz durch große Freundlichkeit wettmachen sowie jede Menge belegter Brötchen, von denen eines das gesamte Angebot der Firma Spitzenback überstrahlt: das Ei-Brötchen.
Nun kann man nicht einfach zu Spitzenback gehen und dort ein Ei-Brötchen ordern und essen. Das heißt, man könnte schon, ich würde jedoch dringend davon abraten. Das Ei-Brötchen von Spitzenback sollte man aus gutem Grund nur – nach entsprechender Vorbereitung – in den eigenen vier Wänden verzehren.
Also, wenn du das unglaubliche Ei-Brötchen von Spitzenback probieren willst, lass es dir einpacken, leg deine 1,50 Euro hin und trag‘s nach Hause. Dort packst du‘s aus, legst es auf einen großen Teller und ziehst mindestens deine Jacke aus. Vorsichtige Naturen entkleiden sich bis auf die Unterwäsche, aber das ist ein bisschen übertrieben. Eine Rolle Küchenpapier neben dem Teller kann nicht schaden, aber vergiss das wichtigste nicht: Bevor du dich hinsetzt, um das Ei-Brötchen von Spitzenback zu essen, musst du die Badezimmertür aufmachen. Nein, zieh nicht die Augenbrauen hoch, stell keine dummen Fragen, mach einfach die Badezimmertür auf, du wirst schon sehen, wozu das gut ist.
Badezimmertür offen? Okay, nimm Platz. Klapp das Brötchen auf und salz nach. Sie machen bei Spitzenback immer zu wenig Salz auf das Ei-Brötchen, keine Ahnung warum. Nein, nicht erst probieren, ob es salzig genug ist, du willst jetzt salzen, nachsalzen ist nicht möglich. Glaub mir. Jetzt nimm das Brötchen in beide Hände und beiss rein. Holla, die Waldfee! Schmeckt üppig, nicht wahr? Außergewöhnlich üppig! Das Kauen nicht vergessen! Jaha, da ist eine ordentliche Portion Mayo dran. Und ein Salatblatt, eine Tomatenscheibe, ca. anderthalb gescheibelte Eier und richtig dick Margarine sind auch noch da, jaha, hauahauaha! Und während du kaust und schluckst, werden plötzlich deine Hände feucht. Nein, das ist kein Angstschweiß wegen der Kalorienzahl, das ist das Mayo-Margarine-Gemisch, was seitlich aus dem Ei-Brötchen quillt! Schnell ablecken, keine Zeit verlieren, sonst tropft es dir auf die Hose! Okay, du könntest dich über den Teller beugen, aber das wäre doch unsportlich. Wer ist schneller, das Ei-Brötchen von Spitzenback oder du? Du hast keine Chance: das Ei-Brötchen ist immer schneller. Und deswegen musstest du auch vorher nachsalzen: um den Salzstreuer nicht mit Mayo zu verkleben.
Jetzt wird der zweite Biss ins Brötchen fällig. Erstaunlich, nicht wahr? Erst einmal abgebissen und du musst schon kämpfen. Das Brötchen hat es in sich. Und das rausquellende-Mayo-Ablecken nicht vergessen! Erstaunlich, was so alles aus so einem scheinbar kleinen Brötchen rausquellen kann, nicht wahr? Hat irgendjemand eine kleine Mayo-Manufaktur ins Brötchen eingebaut, die stetig für Nachschub sorgt? Das gibt‘s ja nicht, was da alles rausläuft…
Am Ei-Brötchen von Spitzenback sind schon die härtesten Kerle gescheitert, aber du wirst es schaffen, das wäre ja gelacht. Das halbe Brötchen hast du schon verdrückt, den Rest wirst du doch mit zwei, drei Bissen… es quillt ja immer noch Mayo raus! Das kann nicht sein…
Aber irgendwann hast du‘s geschafft. Mit allerletzter Kraft hast du den letzten Bissen runtergezwungen, sowie du wieder zu Atem gekommen bist, schwörst du dir, in deinem Leben nie wieder so ein fettiges Ei-Brötchen zu essen, du versuchst, dir die Finger mit dem Papier von der Küchenrolle sauberzumachen… geht nicht! Das Mayo-Margarine-Gemisch bleibt hartnäckig kleben, da hilft kein Küchenpapier, das geht nur mit Wasser und Seife… Und jetzt weißt du, warum du die Badezimmertür aufmachen solltest: damit du hinterher nicht die eingesaute Türklinke saubermachen musst. Das Ei-Brötchen von Spitzenback ist eben was für Leute, die die Logistik im Griff haben. Für echte Spezialisten.

auch bei qype veröffentlicht

[tags]Ei-Brötchen Protein-Missbrauch Cholesterin-Rekordhöhe[/tags]

Splitterbrötchen (LXVIX)

An die Person, die von Fa. Google hierher verwiesen wurde, weil sie dort die Frage „Was passiert mit Wein beim Kochen“ gestellt hat: Der Wein wird heiß.

Der Discounter NP offeriert in seinem neuesten Prospekt ein Produkt namens „Hausschlachtebeutel“. Das muss ich nicht kommentieren: dieser Name spricht für sich selbst. Oder auch nicht.

Es gibt Situationen, in denen kann man sich das Leben stark dadurch vereinfachen, dass man nicht zuhört.

Man sollte stupide Gedankenlosigkeit nicht reflexhaft mit Disziplin entschuldigen.

[tags] Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

40 Zehen westwärts

Das 40-Zehen-Knoblauch-Huhn ist das bekannteste unbekannte Gericht der Welt. Beinahe jeder Mensch hat schon mal von diesem Rezept gehört, über 90 Prozent der Menschen meines Bekanntenkreises äußern sich wortreich und lautstark über dieses Gericht, ohne es je probiert zu haben: „Um Himmels willen, 40 Knoblauchzehen! Wer soll denn das essen? 40 Zehen! Kein Wunder, dass das Abendland zugrunde geht. 40 Knoblauchzehen, das ist das Ende der Zivilisation, Ragnarök steht unmittelbar bevor, 40 Zehen, um Himmelswillen!“
Wer dieses Gericht schon mal gekostete hat, sagt solch aufgeregten Unfug natürlich nicht. Dieses Huhn mit 40 Zehen (gehen übrigens auch 60, 80 oder mehr, solange das Huhn unter‘m Knoblauch noch zu sehen ist) ist eine der einfachsten Möglichkeiten, ein Huhn so zuzubereiten, dass alle Leute am Tisch die Augen verdrehen. Es riecht und schmeckt so dezent, dass selbst vorbeilaufende Knoblauchverächter nicht merken, was da im Schmortopf brutzelt und – wenn man sich zusammenreißt und nicht mehr als 4 bis 5 Zehen ist – strahlt man selbst am nächsten Tag auch nicht den berüchtigten Knoblauchdunst aus.
Huhn
Man benötigt ein Huhn von anständiger Qualität, ich kaufe immer die Viecher aus der Loué, die haben eine mehr als anständige Qualität. Es muss nicht unbedingt die Bioqualität sein, aber der 1,8-Kilo-Kawenzmann im Foto war vom Stamme Bio. Nicht billig, aber jeden Cent wert. Dazu braucht man noch die erwähnten 40 Knoblauchzehen (gerne mehr, wie gesagt), am besten geschält. Es gibt Varianten des Gerichts, da werden sie ungeschält dazu gegeben. Ist natürlich eine feine Sache für Faulpelze wie mich, aber ich finde es furchtbar umständlich, die Dinger auf dem Teller aus ihren Schalen zu pulen, die dann im leckeren Bratensaft rumschwimmen. Nö. Muss nicht sein. Lieber vorher schälen. Zehen vor sich ausbreiten, einmal kurz mit dem Messer oder dem Handballen draufdrücken, bis es knackt, dann flutschen sie meistens problemlos aus der Schale, und die 40 Dinger hat man dann in zehn Minuten gepellt.
Huhn bratfertig vorbereiten, innen und außen pfeffern und salzen, bißchen Zitronensaft bißchen Thymian ins Hühnerinnere geben. Olivenöl in den schweren Schmortopf auf mittlere Hitze bringen und das Huhn langsam von allen Seiten anbraten. Anbraten heißt, dass es eine schöne braune Farbe bekommen soll (nicht schwarzer Kreis im weißen Feld) und langsam heißt, dass diese Prozedur sich ca. zwanzig Minuten lang hinziehen sollte.
Huhn kurz raus aus dem Topf, Fett abgießen, die 40 Knoblauchzehen anschwitzen, mit einem Schuss Weißwein (soll nur ganz wenig Flüssigkeit im Topf stehen) ablöschen, Huhn wieder in den Topf, dicht schließenden Deckel drauf und ab in den Ofen der so 140, 160 Grad (Gas 3) haben sollte. Wenn‘s im Topf braust oder brodelt, ist dem Huhn zu heiß! Nach 30, 40, 50 Minuten im Ofen (je nach Größe des Huhns) nimmt man den Deckel ab, lässt noch eine Viertelstunde bräunen und das war‘s. Das Huhn sollte jetzt in etwas so wie auf dem Bild aussehen. Dann läßt man es noch zehn Minuten ausruhen, bevor man es tranchiert.
Knoblauch
Und das, was noch im Topf ist, dieses unglaubliche Konglomerat aus Olivenöl, Wein, Hühnerfond, Zitronensaft und Knoblauch, das füllt man in eine Sauciere und stellt sie auf dem Tisch möglichst weit weg von mir. Weil ich sonst vom Huhn nix nehme und die Zehen alleine aufesse (Hab ich tatsächlich mal gemacht. Hatte dann ziemlichen Durst, hab nicht sonderlich gut geschlafen und am nächsten Tag ein neues Kapitel in der Geschichte des Körpergeruchs geschrieben).
Mehr ist nicht. Das einzige Problem dieses sensationellen Essens: es passt keine Beilage. Deshalb vorher einen Salat o.ä. reichen und dann das Huhn, wie es ist, mit dem Knoblauch, und nur ein bißchen Baguette dazu. Man glaubt, man ist im Paradies. Und – wie gesagt – man riecht hinterher nicht. Wenn man sich zusammenreisst. Aber wer tut das schon?

[tags]Kochen, Huhn, Knoblauch, reines Manna[/tags]

links for 2008-10-12

Splitterbrötchen (LXVIII)

Das Sprachbild der Woche wurde in der Sportredaktion von Spiegel-Online gezeichnet: „Tatsächlich stellen sich die Verantwortlichen derzeit noch offensiv hinter Klinsmann“

Eins der großen unlösbaren gesellschaftlichen Probleme: Dass man sozial stark herausgeforderten Menschen nicht klar machen kann, dass sie sozial stark herausgefordert sind.

Kurz vor Anpfiff des Länderspiels fragte ich mich, warum Sebastian Schweinsteiger noch keinen Vertrag als Testimonial für eine Haargel-Firma hat. Als ich mir eine Notiz für die Splitterbrötchen machen wollte, kam ich bis „Schweinigel“ und wusste sofort, warum das mit dem Vertrag noch nix geworden ist.

Mensch, Uli Hoeness! Jetzt geben Sie sich mal ’n Ruck, plündern Sie das Festgeldkonto und holen sie den Arshawin nach München. Vielleicht können Sie die Buddhas, die wir nicht mehr benötigen, in Zahlung geben.

[tags]Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]