Seit einigen Tagen kursieren Zitate eines angeblichen Briefs, den Michael Naumann an Kurt Beck geschrieben haben soll, durch die etablierten Medien. Insider der Sozialdemokratie und Kenner der politischen Szene haben starke Zweifel an der Echtheit dieses Dokuments. Zurecht, wie die Netzecke bestätigen kann. Das im SPIEGEL, in der FAZ und in der Werra-Rundschau zitierte „Dokument“ kann niemals aus der Feder eines Feingeists wie Michael Naumann stammen, der sich als in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat lieber die Hand abhacken würde, als sich seinem Parteivoritzenden gegenüber unsolidarisch zu verhalten. Tatsache ist: Naumann hat am Montag nach der Hamburg-Wahl tatsächlich einen Brief an Beck geschrieben, dessen Inhalt jedoch wesentlich brisanter ist als der der zahnlosen, hingeschluderten Fälschung. Der Netzecke ist es – wie immer – eine Freude und Ehre – für politischen Zündstoff zu sorgen, deshalb veröffentlichen wir jetzt – ungekürzt – den echten Naumann-Brief.
Hamburg, den 25.2.07
Lieber Kurt,
bitte entschuldige, dass ich erst jetzt wieder zur Feder greife, das Wort an Dich richte und auf Deinen Brief antworte, den Du Mitte Februar an mich abgesandt hast, aber das „Wahlkampfgedöns“ – wie Gerhard es zu nennen beliebt – hat in den letzten Wochen meine Zeit gefressen.
Nun aber zum Anlass meines Schreibens, unserem gemeinsamen Hobby, der Philatelie. Du berichtetest mir, dass Du nunmehr auch den letzten Satz Wohlfahrtsmarken aus den 60er Jahren deiner Sammlung einverleiben konntest, sowohl postfrisch als auch blitzsauber abgestempelt. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, lieber Kurt! Das sind die Momente im Leben eines Philatelisten, für die sich all die Mühe, der Aufwand und die entsagungsvolle Anstrengung des Briefmarkensammelns lohnen. Ich bin mir sicher, dass Du – um dieses herausragende Ereignis zu feiern – ein Fläschchen Dornfelder geköpft hast, und sicher nicht den billigen, den Deine Frau immer aufmacht, wenn Gäste kommen.
Ich selber stagniere zur Zeit, zu vieles ist liegen geblieben. Ich bin noch mit dem Zählen meiner „Notopfer Berlin“-Marken beschäftigt, dann will ich mich dem Ablösen der vielen 10-Pfennig Theodor-Heuss-Marken widmen, die bei mir überall herumfliegen, um dann endlich, endlich an die Fehlerkorrektur des neuen Michelkatalogs zu gehen. Unglaublich, was sich die Redaktion da wieder für Schlampereien erlaubt hat!
Abschließend möchte ich Dir noch einmal ganz herzlich dafür danken, dass Du Dich – trotz des hohen politischen Risikos für Dich selbst – an unsere Absprache gehalten und eine Öffnung der SPD nach links betrieben hast. Ohne dieses Manöver hätte ich am Ende die Wahl in Hamburg gewonnen und gar keine Zeit mehr für meine Briefmarkensammlung gehabt. Das ging Spitz auf Knopf, aber Du hast es gerade noch mal hin bekommen, Chapeau!
Stimmt es übrigens, dass die Idee für diese Schlitzohrigkeit ursprünglich von Oskar stammt? Als er mit einer ganz ähnlichen Nummer die 90er Bundestagswahl abgeschenkt hat, weil er keinen Bock darauf hatte, die undankbaren Jammer-Ossis zu sanieren?
Wie dem auch sei, es hat geklappt, ich kann endlich wieder zu Lupe und Pinzette greifen, und das verdanke ich nur Dir.
Das werde ich Dir nie vergessen.
Mit philatelistischen Grüßen
Dein Markentauschfreund Michael
P.S.: Ich hab gehört, dass bei Dir eine Grippe im Anflug ist. Damit ist nicht zu Spaßen, lieber Kurt! Kurier die sofort und gründlich aus, damit nichts nach bleibt. Um die Partei mach Dir keine Sorgen: Die Spitzengenossen stehen wie ein Mann hinter Dir.
Die politische Landschaft Deutschlands wird nie mehr so sein, wie sie mal war.
[tags]Naumann, Beck, Brief, Linke, SPD, Wahrheit, Ungeheuer![/tags]
Oh, nein! Briefmarken. die Netzecke ist doch immer für die Veröffentlichung eines interessanten Dokuments der Zeitgeschichte gut. Und alle hatten vermutet, es ging um dieses alberne Gezeter von wegen Ampel, Jamaika, Rot-Rot usw. Ich hatte mich schon mehrfach gefragt: Warum kandidiert Naumann überhaupt noch? Der Köthener hat doch längst das Alter, um sich geruhsameren Beschäftigungen hinzugeben, als der wilden Politik. Ist natürlich ein toller Trick. Danke für die Aufklärung. Bin schon gespannt, wie es mit Moppel und der Zockerei weiter geht.
Sammelt Briefmarken, trinkt Dornfelder …
Ich glaube das Original bringt ihn noch mehr in Misskredit.
Der Meister hat ihn heute unmissverständlich aufgefordert, sich aus der Politik zurückzuziehen.
Wer so ein schönes Hobby hat, für den dürfte das kein schwerer Schritt sein.
Nur, wo es guten Dornfelder gibt, habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können.
Guten Dornfelder gibt es dort, wo es guten Trollinger gibt.
Soll das ein Witz sein? Meines Wissens bezeichneten Sie Trollinger lediglich als „weinähnliches Getränk“. So was kann doch per definitionem gar nicht gut sein??? Oder war das hier ironisch, und ich bin nur zu blöd?
Guten Trollinger gibt es nirgends. Also gibt’s guten Dornfelder ebenfalls nirgends.
Genau, in der Palz oder in den unteren Regalen der Supermärkte.
Ihr seid mir zu patriotisch. Auch die Franzosen und Italiener haben Spitzenweine. – Beaujolais Primeur und Lambrusco. Gibt´s in jedem gut sortierten Discounter od. Restpostenmarkt.
Stimmt es eigentlich, dass der Amselfelder lieblich jetzt aus Spanien kommt?
Woher gewisse Weine kommen wissen nicht mal mehr die Winzer. Unlängst ist mir eine Pulle untergekommen, auf deren Etikett „Wein aus geographischem Anbaugebiet“ stand. Ich denke, das ist die Appelation für besonders schwere Labor-Unfälle.
Ausgerechnet vor dem Wochenende schlachtet die Metzger die Ypsilanti. Die wird doch nicht auch etwa… und das als Frau!
Die Netzecke ist für mich mittlerweile das zuverlässigste Informationsmedium geworden. Und das geht offenbar nicht nur mir so. Gibt man bei google die Begriffe dornfelder kurt beck ein, landet man mit einem Klick auf den zweiten Link direkt bei dieser Perle des investigativen Journalismus. Besonders deshalb, weil die Netzecke Qualitätsjournalismus bietet, ohne dafür abzukassieren. Wahnsinn!
Ich bedanke mich für dieses Lob. Es wird mir Ansporn und Zielsetzung sein.
Qualitätsjournalismus, ohne dafür abzukassieren. Das ist so ein Punkt, den ich mal ansprechen wollte. Journalismus muss etwas kosten, damit er für gut befunden wird. Die Leser betteln vermutlich darum, Geld loszuwerden. Daher sollte man mittels Dialer od. Kreditkarte diesem Ansinnen Rechnung tragen.
Natürlich nicht bei mir, denn ich hatte ja die Idee.
Dialer? Gibt’s die noch?
Keine Ahnung. Dann muss man den Weg über die Kreditkarte wählen.
Darf ich den Beitrag als Zustimmung zu meinem Vorschlag werten, Carsten?
Ich würde dann ein kleines Marketing-Honorar für mich reklamieren wollen. ;-) Müssen wir nur noch eine/n finden, der/die seine/ihre Kreditkarte hergibt. Vielleicht die Witwe Opitz aus der Nahestraße…